Eine Mehrheit der Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) will dem Bundesrat das Heft aus der Hand nehmen und bei den Lockerungen der Corona-Massnahmen ein schnelleres Tempo anschlagen.
Am Mittwochmorgen entscheidet der Nationalrat, ob er sich hinter eine dringliche Erklärung seiner Kommission stellt und den Bundesrat übersteuern will. Der Entscheid in der bürgerlich dominierten Wirtschaftskommission fiel mit 12 zu 11 Stimmen knapp aus. Eingebracht wurde der Vorstoss von der SVP.
Der aktuellen Alleinherrschaft des Bundesrats solle ein Riegel geschoben und das bewährte demokratische System der Schweiz wenigstens zum Teil wieder hergestellt werden, teilte die Partei mit. Unterstützt wurde der Vorstoss von Kommissionsmitgliedern der FDP- und der Mitte-Fraktion. Das Ziel sei es, den Druck auf den Bundesrat aufrecht zu erhalten und den Unmut der Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen, sagte FDP-Präsidentin Petra Gössi.
Weitgehende Öffnung am 22. März
In der Erklärung, die im Nationalrat beraten wird, wird verlangt, dass Gastro-Unternehmen wie auch Betriebe in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Freizeit und Sport am 22. März geöffnet werden. Der Bundesrat prüft die Öffnung der Aussenbereiche und Terrassen der Restaurants auf dieses Datum hin. Weiter wird der Bundesrat aufgefordert, die Fünf-Personen-Regel in Innenräumen per sofort aufzuheben.
Zudem soll der Bundesrat umgehend eine Öffnungsstrategie erarbeiten und Planungssicherheit für kulturelle und sportliche Grossanlässe schaffen. Und ganz generell soll der Bundesrat «umgehend» eine Strategieanpassung vornehmen. Anstelle von Verboten soll das Testen intensiviert und es soll beim Impfen vorwärts gemacht werden.
Widerstand von SP, Grünen und GLP
Die Forderungen nach weitgehenden Öffnungsschritten seitens der Bürgerlichen stösst auf Kritik. Die SP teilte mit, dass die Kommission ihre Zuständigkeit mit diesen Forderungen klar überschreite. Das Epidemiengesetz regle klar, dass die Entscheidungskompetenz beim Bundesrat liege.
Das Parlament könnte über eine Festlegung des Datums im Covid-19-Gesetz den Bundesrat übergehen. Das Covid-19-Gesetz wird am Donnerstag im Ständerat beraten. Gegen dieses Vorgehen haben sich auch die Grünen und die Grünliberalen ausgesprochen. Von der SVP erwarte er nichts anderes, teilte Nationalrat Jürg Grossen (GLP/ZH) mit. «Aber dass FDP und Mitte diese gefährlichen Anträge unterstützen, kann ich beim besten Willen nicht verstehen.»
Maulkorb für Taskforce nicht im Rat
Nicht Teil der Erklärung des Nationalrats, die am Mittwoch beraten wird, ist die Forderung der Wirtschaftskommission, dass nur noch Bundesrat und Parlament die Öffentlichkeit über die Covid-19-Massnahmen informieren sollen. Die Kommission wollte dies der Wissenschaftlichen Taskforce untersagen.
Die Grünen reagierten auf den Vorstoss mit einem Appell an die bürgerlichen Mehrheitsparteien, Die Mitte, FDP und SVP. «Die Öffentlichkeit hat ein Recht, sich frei von politischer Einflussnahme zu informieren und sich eine Meinung zu bilden. Ein Maulkorb für die Covid-19 Task Force untergräbt die Wissenschaftsfreiheit und die Meinungsfreiheit. Er ist eines rechtsstaatlichen Parlamentes unwürdig», teilte Balthasar Glättli (Grüne/ZH) mit.