Nationalbank

Ökonomen empfehlen die Bildung eines Staatsfonds

· Online seit 15.12.2021, 07:47 Uhr
Die Ökonomen von «SNB Observatory» mischen sich erneut in die Politik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ein. Dieses Mal fordern sie die Politik auf, mit den Devisenreserven der SNB einen Staatsfonds zu bilden oder dies zumindest zu prüfen.
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Der Staatsfonds sollte unabhängig von der SNB agieren und verspräche mehr Rendite aus den Nationalbankgeldern für Bund und Kantone. Die drei Ökonomen – ein aktiver und ein emeritierter Professor sowie ein früherer Zentralbanker – verweisen in einem Paper, das sie am Mittwoch veröffentlicht haben, für ihre Forderungen auf den hohen Devisenberg von rund 1000 Milliarden Franken, den die SNB im Zusammenhang mit Interventionen zur Schwächung des Frankens in den letzten 10 Jahren aufgehäuft hat.

Franken dürfte stark bleiben

Der einzige vorstellbare Grund, dass diese Reserven wieder abgebaut würden, wären demnach Devisenmarktinterventionen in die entgegengesetzte Richtung, also zur Verhinderung einer Abschwächung des Frankens. Dies sei aber sehr unwahrscheinlich, denn der Status des Schweizer Frankens als sicherer Hafen werde sich in den nächsten Jahren nicht abschwächen. «Das Ertragspotenzial aus diesen Vermögenswerten ist beträchtlich und könnte zur Entlastung der Steuerzahler genutzt werden», heisst es im Paper.

Ein weiterer Punkt, der nach Ansicht der Ökonomen für einen Staatsfonds spricht – etwa vergleichbar dem Norwegischen Staatsfonds, der die Einnahmen des Landes aus den Ölreserven langfristig verwaltet – ist die Rolle der SNB als Vermögensverwalter. Diese Aufgabe lasse sich nur schwer mit ihrem geldpolitischen Mandat vereinbaren, das eine Konzentration auf die Liquidität auf Kosten der Rendite verlange und wäre daher besser ausserhalb der SNB angesiedelt. «Die Verwaltung von einer Billion Franken ist kein Nebenjob», heisst es denn auch.

Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht. Die Ökonomen formulieren denn auch einige Punkte, die gegeben sein müssten, damit die SNB nicht an der Erfüllung ihres eigentlich Auftrages durch den Staatsfonds gehindert würde. So sollte ein Staatsfonds etwa nur Fremdwährungsaktiva halten und diese nicht in Schweizer Franken konvertieren dürfen, heisst es. Ausserdem sollte ihm nicht erlaubt sein, das Währungsrisiko mit Derivaten abzusichern. Damit werde sichergestellt, dass die Anlagetätigkeit des Staatsfonds nicht mit der Devisenpolitik der SNB kollidiere.

Ein Staatsfonds wäre aus der Sicht der Ökonomen von SNB Observatory eine öffentliche Institution, die sich der Verwaltung von Vermögenswerten widmet – und zwar im Rahmen eines transparenten Mandats, das von der Regierung und dem Parlament festgelegt wird. Er sollte ebenso unabhängig wie die SNB sein und für seine Handlungen voll rechenschaftspflichtig.

Auch für strategische Ziele einsetzbar

Er würde gemäss den Vorstellungen der Ökonomen von professionellen Vermögensverwaltern geführt und hätte den Auftrag, mit den Risiken, die er eingehen darf, die besten Erträge zu erzielen. Das Mandat könnte dabei auch Beschränkungen für das Anlageuniversum enthalten sowie strategische Ziele für die Schweiz formulieren, etwa die Sicherung von Energiequellen oder eine strategische Zusammenarbeit im Technologiesektor.

Rein technisch würde die SNB einen Grossteil ihrer Fremdwährungsguthaben im Tausch gegen auf Franken lautende Anleihen des Fonds übertragen. Da das Wechselkursrisiko eines Staatsfonds zudem nicht unerheblich wäre, benötigte er auch eine angemessene Verlustabsorptionskapazität. Diese Kapazität könnte in vom Bund gezeichnetem Kapital bestehen oder durch Einbehaltung von Gewinnen in den ersten Jahren seiner Gründung aufgebaut werden, heisst es im Paper. Der Staatsfonds sollte gemäss den Ökonomen zudem seine gesamten Gewinne ausschütten, auch wenn eine Glättung im Laufe der Zeit möglich ist, wenn dies erwünscht wäre.

Dass ein Staatsfonds bei der SNB auf wenig Gegenliebe stösst und es viele (politische) Hürden zu überwinden gäbe, bis ein solcher Fonds handlungsfähig wäre, ist den Ökonomen klar. Und trotzdem meinen sie: «Es ist Zeit für eine öffentliche, ergebnisoffene Diskussion.»

veröffentlicht: 15. Dezember 2021 07:47
aktualisiert: 15. Dezember 2021 07:47
Quelle: sda

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