Forschung

Parasit nimmt Mäusen die Furcht vor Katzen

14.01.2020, 16:31 Uhr
· Online seit 14.01.2020, 16:15 Uhr
Der Parasit Toxoplasma gondii ist ein ganz perfider: Er beraubt Mäuse ihrer natürlichen Furcht vor Katzen und macht sie zutraulich zu ihrem Fressfeind. Der Parasit will, dass die Maus verzehrt wird, denn der Verdauungstrakt der Katze - das ist der Ort, wo er hin will.
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So weit der bisherige Kenntnisstand. Forscher an der Universität Genf haben nun aber bewiesen, dass die Auswirkung des Toxoplasmose-Befalls gar nicht so spezifisch ist wie angenommen. Die Zysten im Hirn, welche der Parasit bildet, machen die Mäuse nicht bloss zutraulich zu ihrem grössten Feind - sie führen zu einer allgemeinen Verhaltensänderung. Das gilt in geringerem Mass auch für an Toxoplasmose leidende Menschen.

Parasit macht neugierig

Je mehr Zysten das Gehirn aufweist, desto hemmungsloser wird die Maus: Furcht und Stress nehmen ab, Neugier und Wagemut nehmen zu. Erste Effekte zeigen sich ab 200 Zysten, zwischen 500 und 1000 Zysten gelangt der Leichtsinn zu voller Blüte. Und zwar nicht nur Katzen gegenüber. Die Forscher experimentierten auch mit Ratten. Während gesunde Mäuse in deren Gegenwart in extreme Panik verfielen, spazierten die infizierten Mäuse den Ratten sogar auf dem Buckel rum.

Jeder Frau, die schon einmal schwanger war, ist Toxoplasmose ein Begriff: Die Krankheit gehört zu den grössten Schreckgespenstern von werdenden Müttern, denn sie kann den Fötus so stark schädigen, dass es zur Fehlgeburt kommt. Ansteckungsherd ist beispielsweise schlecht durchgebratenes Fleisch, das Zysten enthält, aber auch Katzenkot - von der Säuberung des Katzenklos wird Schwangeren dringend abgeraten.

Und der Mensch?

Gemäss Mitteilung der Forscher um Dominique Soldati-Favre von der Abteilung für Mikrobiologie und Ivan Rodriguez von der Abteilung für Genetik sind 30 bis 80 Prozent der Bevölkerung infiziert. Viele Menschen tragen seit Jahren Zysten in sich, die meisten unbemerkt. Im Allgemeinen halte das menschliche Immunsystem die Infektion in Schach.

Gefahr droht vor allem Personen mit verminderter Immunabwehr: HIV-Infizierten etwa oder Krebspatienten, welche Immunsuppressiva nehmen müssen. Bei diesen Personen könne sich eine leichte Verhaltensänderung bemerkbar machen, so Soldati-Favre. Ausserdem sehe es danach aus, als ob Toxoplasmose die Entwicklung von anderen neurologischen Erkrankungen wie Schizophrenie, Parkinson oder Alzheimer befördere.

veröffentlicht: 14. Januar 2020 16:15
aktualisiert: 14. Januar 2020 16:31
Quelle: sda

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