Noch haben die Schweizer Trümpfe Nino Schurter und Jolanda Neff nach der langen Corona-Pause nicht gestochen. Schurter belegte beim Weltcup in Nove Mesto die Plätze 3 und 4 und musste sich an der WM im Schlamm von Leogang mit Platz 9 begnügen, seinem schlechtesten WM-Resultat. Neff hatte gesundheitliche Probleme und kam an der WM über den 6. Platz nicht hinaus.
An der Heim-EM am Fuss des Monte Tamaro stehen die Zeichen gut, dass Schurter und Neff am Samstag besser abschneiden. Schurter, der zum ersten Mal seit 2013 (2. Platz in Bern) an der EM teilnimmt, spielen die trockeneren und wärmeren Bedingungen in die Karten, Neff ist wieder gesund und tritt als Titelverteidigerin und vierfache Europameisterin an.
Männer-Nationalcoach Bruno Diethelm glaubt zudem an einen Heimvorteil: «Die Schweizer kennen die Strecke vom Swiss Cup sehr gut. Und 99 Prozent von ihnen sagen, es sei eine der schönsten innerhalb der nationalen Rennserie. Sich auf ein Rennen zu freuen und die Strecke zu kennen, hilft sehr.»
Ohnehin lässt die Bilanz der letzten Jahre einiges erhoffen. 16 EM-Medaillen holten die Schweizer in den letzten zehn Jahren, darunter sechsmal Gold und achtmal Silber. Oft schlug an der Kontinentalmeisterschaft die Stunde der Aussenseiter, mitunter nutzte auch schon Lars Forster (2018) die Gunst.
43 Athleten schickt Swiss Cycling inklusive Nachwuchskategorien an den Start. Zu den hiesigen Podest-Anwärtern bei der Elite gehören neben Schurter und Neff insbesondere der WM-Zweite Mathias Flückiger und die 24-jährige Zürcherin Sina Frei. Aber auch Lars Forster, Thomas Litscher oder dem Tessiner Filippo Colombo, vor Wochenfrist Siebter an seiner ersten WM bei den Männern, ist ein Exploit zuzutrauen.
Unter den erschwerten Corona-Bedingungen stellten die Tessiner Ersatz-Organisatoren die EM innerhalb weniger Monate auf die Beine. Die Rennen dürften ein schöner Kontrast zur Schlamm-Schlacht an der WM am letzten Wochenende in Leogang werden. Gelände und Wetterprognosen versprechen faire Bedingungen und schöne Bilder.
Wegen den vielen Auflagen und der Zuschauer-Beschränkung sind die Kosten des 400'000-Franken-Budgets nur rund zur Hälfte gedeckt. Laut OK-Chef Marzio Cattani sicherten Swiss Olympic und Swiss Cycling den Veranstaltern ihre Unterstützung zu. Er sagte aber auch: «Wir machen alles auf Volontärbasis. In Zukunft muss vom Kanton mehr Hilfe kommen, sonst sind wir am Ende.»