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Billionen von Kleinstlebewesen tummeln sich im Boden. Je vielfältiger die Welt der Pilze, Bakterien und anderen Organismen ist, desto gesunder der Boden. Denn die winzigen Bewohner futtern Pflanzenreste auf und machen die darin enthaltenen Nährstoffe wieder verfügbar. Dies gilt auch für im Boden verbuddelte Baumwoll-Unterhosen.
Je schneller der Abbau der Unterhosen stattfindet, desto mehr Tierchen leben im Boden. Das ist zumindest die Erwartung, die im sogenannten Citizen-Science-Projekt mit dem nach einem Kriminalroman klingenden Titel «Beweisstück Unterhose» geprüft werden soll.
Bewusstsein für Boden-Universum schärfen
Aus allen Landesteilen - von Genf bis ins Engadin, vom Tessin bis nach Basel - haben sich Personen gemeldet, die am Experiment teilnehmen wollen, wie Ökologe Marcel van der Heijden von Agroscope und der Uni Zürich an einem Medienanlass am Mittwoch erklärte.
Tausend Freiwillige erhalten in den kommenden Tagen per Post zwei Paar standardisierte, weisse Unterhosen aus Biobaumwolle zugeschickt. Diese sollen sie Ende April in ihren Feldern, Wiesen und Beeten vergraben.
Eine der Unterhosen wird nach einem Monat wieder aus dem Boden geholt, die andere nach zwei Monaten. Die verrotteten Kleidungsstücke sollen dann fotografiert und digital ausgewertet werden, um den Grad der Zersetzung präzise zu erfassen - je zerfressener die Baumwolle, desto zahlreicher und aktiver die Bodenlebewesen.
Eines der Hauptziele des Projekts sei es, das Bewusstsein für das Universum im Boden und dessen Nutzen für die Nahrungsproduktion zu schärfen, sagte van der Heijden. Denn die wertvolle Ressource sei durch Erosion, Überbauung und den hohen Einsatz von synthetischem Dünger sowie Pflanzenschutzmittel weltweit gefährdet. Bereits im Sommer 2019 konnten Familien in der Schweiz zum «Tag des unterirdische Lebens» bei einem solchen Unterhosen-Experiment auf dem Gelände von Agroscope mitmachen.
Unterhosen als Gesundheitsindikator
Zusätzlich vergraben die Teilnehmenden direkt neben den Unterhosen jeweils sechs Teebeutel der Marke Lipton. Denn diese sind in der Bodenforschung bereits gut etabliert. Als wissenschaftliche Referenz gilt der sogenannte «Tea Bag Index», bei dem die Abbaurate der Teekräuter als Indikator für ein aktives Bodenleben genutzt wird. So lassen sich die zwei «Beweisstücke» nach der Ausgrabung vergleichen, um zu prüfen, ob sich auch Unterhosen als Werkzeug einsetzen liessen, um die Bodengesundheit zu bestimmen.
Parallel entnehmen die Teilnehmenden, 500 Landwirte sowie 500 Hobbygärtner, ebenfalls ein Häufchen Erde aus ihrer Heimat. Die Forschenden werden diese Bodenproben im Labor analysieren, um die Zusammensetzung und mikrobielle Vielfalt zu bestimmen. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der Schweizer Bodenqualität zu erhalten.
Die Ergebnisse des Experiments sollen in einen wissenschaftlichen Fachartikel einfliessen, auf dem alle der teilnehmenden Hobby-Forscher als Mitautoren gelistet würden, hofft das Projektteam. Und van der Heijden liebäugelt gar damit, das Unterhosen-Experiment auf ganz Europa auszuweiten. Dafür brauche es aber eine Finanzierung und eine gute Koordination.