Rüstungsindustrie

Weitere Ungereimtheiten bei Ruag-Panzerdeal aufgedeckt

· Online seit 20.02.2024, 23:00 Uhr
Die Eidgenössische Finanzkontrolle hat weitere Ungereimtheiten beim Ruag-Panzerdeal mit Italien und der deutschen Rüstungsfirma Rheinmetall aufgedeckt. Die Ruag hatte geplant, der Herstellerfirma Rheinmetall 96 in Italien gelagerte Leopard 1 Panzer zur Weitergabe in die Ukraine zu verkaufen. Das scheiterte am Veto des Bundesrats.
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Die Ruag Holding erwarb vor sieben Jahren gebrauchte Leopard-1-Panzer im Wert von rund 4,5 Millionen Franken von der italienischen Armee. Bereits damals soll es zu Ungereimtheiten gekommen sein, heisst es in einem am Dienstag von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) veröffentlichten Bericht. Darin steht, dass der bundeseigene Rüstungskonzern die Kompetenz- und Unterschriftenregelung nicht eingehalten hatte, weil eine Genehmigung durch die Konzernleitung sowie des Verwaltungsrats für den Kauf fehlte.

Alle 96 Panzer sind aktuell noch immer in Italien gelagert und sogar hier entdeckte die EFK Unregelmässigkeiten. Denn obwohl das Lager in Italien der Ruag Schweiz gehört, unterschrieb die Standortvertretung in Deutschland bereits im Jahr 2021 einen Vertrag mit dem italienischen Lagerbetreiber. Die Lagermiete verdreifachte sich über eine unkündbare Laufzeit von acht Jahren. Im Bericht heisst es, dass der EFK diese ungünstige Vertragssituation nicht einleuchte. Zudem hätte der Schweizer Standort den Vertrag «genehmigen» müssen, mutmasst man.

Unregelmässigkeiten bereits vor 10 Jahren 

Damit nicht genug. Es werden weitere Dinge beanstandet. Etwa, dass der Bund erst im zweiten Quartal 2021 über den Panzerkauf informiert wurde. In dessen Protokollen findet der Panzerkauf sogar erst im Dezember 2022 Erwähnung. Wegen einer Mehrwertsteuer-Nachzahlung von rund 3,4 Millionen Franken. Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) gab gemäss der EFK an, erst am 19. Januar 2023 von der Existenz des italienischen Panzerlagers erfahren zu haben.

Die Unregelmässigkeiten reichen jedoch noch weiter zurück, bis ins Jahr 2014. Damals unterschrieb die Ruag einen Vertriebsvertrag mit der Firma Global Logistics Support (GLS). Fünf Jahre später nahm die deutsche Tochter der Ruag Tätigkeiten im selben Markt auf. Dabei erschliesst sich der EFK nicht, warum die Ruag Ende November einen Aufhebungsvertrag unterzeichnete, obwohl der Vertriebsvertrag eine sechsmonatige Kündigungsfrist hatte. Der Aufhebungsvertrag garantierteder GLS zwei Prozent an bestimmten Umsätzen in Deutschland, mindestens aber 500'000 Franken bis Ende 2023. Dies bedeutete erhebliche Nachteile für die Ruag selbst.

25 Panzer zu jeweils 500 Euro

Einen Tag nach Vertragsunterzeichnung bestellte die GLS 25 Panzer zu jeweils 500 Euro, also gesamthaft 12'500 Euro, holte diese jedoch nie ab. Ende 2021 zahlte die Ruag den Betrag zurück.

Nach dem Ausbruch wollte Rheinmetall die bereits erwähnten 96 Panzer zurückkaufen, um sie an die Ukraine zu liefern. Der Kaufpreis ist im Kaufvertrag vom 13. Februar 2023 geschwärzt, teilt die EFK mit. Auch dieser Vertrag soll nicht von der Ruag-Geschäftsleitung genehmigt worden sein.

Am Tag des Vertragsabschlusses wanderte dann das Geld für die 25 Panzer wieder von der GLS zur Ruag. GLS bekräftigte den vollzogenen Kauf und ein italienisches Gericht ordnete im Dezember 2023 in einer superprovisorischen Verfügung die Herausgabe der Panzer an. Das Verfahren läuft. VBS und Ruag leiteten Untersuchungen ein.

Konsequenzen für Geschäftsleitung

Als Konsequenz aus den aktuellen Vorwürfen entschied sich Nicolas Perrin, Verwaltungsratspräsident der Ruag MRO Holding AG, zum Rücktritt. Das teilte die Firma am Dienstag in einer Medienmitteilung mit. Er wolle im Interesse des Unternehmens einer neuen Persönlichkeit die Möglichkeit geben, die Ruag unbelastet weiterzuentwickeln.

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veröffentlicht: 20. Februar 2024 23:00
aktualisiert: 20. Februar 2024 23:00
Quelle: sda / PilatusToday

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