Spitzguuge

Ein einig Volk von Fussballclubs

· Online seit 29.05.2020, 18:17 Uhr
An der ausserordentlichen Generalversammlung der Swiss Football League zelebrierten die Vertreter der 20 Clubs Einigkeit. «Das bedeutet auch, dass der FC St.Gallen die Chance auf einen ‹echten› Meistertitel bekommt», schreibt Sportjournalist Dominic Ledergerber.
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Endlich ist es amtlich: Ab dem 19. Juni rollt der Ball wieder durch die Schweizer Fussballstadien. Solange wie nötig zwar ohne Zuschauer, aber immerhin findet die wohl spannendste Saison der letzten Jahre eine Fortsetzung. Das ist erfreulich. Aber auch erstaunlich. Vor allem wenn man sich das Abstimmungsergebnis der heutigen ausserordentlichen Generalversammlung der Swiss Football League (SFL) vor Augen führt: 17 der 20 Club-Vertreter ziehen Geisterspiele einem Saisonabbruch vor, dies bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung.

Die SFL-Clubs zelebrieren Einigkeit, obschon die heutige GV lange zu einer Schlammschlacht zu verkommen drohte. Potenzielle Sparingpartner gab es viele: Spitzenteams gegen jene, die gegen den Abstieg kämpfen. Deutschschweizer gegen Westschweizer. Super-League- gegen Challenge-League-Clubs.

Die allermeisten der 20 Vertreter, die sich heute in Bern trafen, hatten sich im Vorfeld kaum in die Karten blicken lassen. Dennoch gab es vereinzelte Voten, die die Stimmung zusätzlich anheizten. Insofern konnte nicht mit einem solch einheitlichen Ergebnis gerechnet werden.

Hüppi: «Niemand will Geisterspiele»

Der heutige 29. Mai erinnert ein bisschen an den Rütlischwur. Die SFL-Vertreter outen sich als ein einig Volk von Fussballclubs und halten urschweizerisch zusammen. Dabei hatten sie sich noch Anfang März in derselben Deutlichkeit gegen Geisterspiele und für einen Unterbruch der Meisterschaft ausgesprochen.

Der jetzige Sinneswandel bedeutet aber keinesfalls, dass sich die Clubs von Geisterspielen urplötzlich haben begeistern lassen. So sagt etwa Markus Lüthi, Präsident des FC Thun: «So sehr wir der Überzeugung sind, dass Geisterspiele dem Fussball die Seele rauben (...), so haben doch auch wir uns schlussendlich gefügt und für diesen Weg votiert.»

Und Matthias Hüppi, Präsident von Leader St.Gallen, doppelt nach: «Niemand will Geisterspiele, aber sie sind momentan die einzige Lösung, um die Meisterschaft sportlich entscheiden zu können.»

Statements, die klar zeigen: Die Clubs haben sich für das kleinere Übel entschieden und nach Wochen, ja gar Monaten des Grübelns einen gemeinsamen Weg eingeschlagen.

Ein Mammutprogramm

So machen sich die jeweils zehn Clubs aus Super League und Challenge League daran, ein veritables Mammutprogramm zu bewältigen. 13 Runden gilt es bis zum 2. August zu absolvieren. Dieses Datum hat die Uefa als Zielvorgabe genannt, damit Zeit bleibt, europäische Wettbewerbe wie etwa Champions und Europa League zu Ende zu spielen oder sich für diese in der kommenden Saison zu qualifizieren, auch wenn dieser Plan noch nicht spruchreif ist.

Bis zum Saisonende werden die Clubs mehrere englische Wochen absolvieren müssen und dürfen dabei auf fünf Auswechslungen pro Spiel zurückgreifen. Dass sie dabei das Hygienekonzept des Bundesamtes für Gesundheit umsetzen müssen, versteht sich von selbst.

Hüppi wollte nicht frühzeitig Meister sein

Beim FC St.Gallen ist die Erleichterung über den deutlichen Entscheid zugunsten einer Fortsetzung der Saison gross. Wenngleich es vereinzelte Anhänger gegeben haben könnte, die darauf spekulierten, bei einem Saisonabbruch als Tabellenerster frühzeitig zum Meister erkoren zu werden, so sei dies für den Club selbst nie wünschenswert gewesen.

«Intern war für uns immer klar, dass wir nicht nach 23 von 36 Runden zum Meister ausgerufen werden wollten. Das wäre ein unvollendetes Bild und entspräche nicht dem Sportsgeist dieser Mannschaft», sagt Matthias Hüppi.

Nun erhält der FC St.Gallen also die Chance, einen «echten» Meistertitel zu feiern. Und, urschweizerischer geht es kaum: Ein solcher wäre spätestens einen Tag nach dem 1. August Tatsache.

veröffentlicht: 29. Mai 2020 18:17
aktualisiert: 29. Mai 2020 18:17
Quelle: FM1Today

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