Vor einem Jahr gehörten die Lions als Titelverteidiger mit einem nochmals verstärkten Kader zu den Topfavoriten, am Ende verpassten sie zum ersten Mal seit 2006 die Playoffs. «Eine solche Saison wünsche ich niemandem», sagte Captain Patrick Geering. «Es machte durchs Band keinen Spass. Die Frustration bei uns Spielern, dem Verein, dem Staff, den Angehörigen und den Fans war gross. Das möchte ich nie mehr erleben.»
Doch wie war es möglich, mit einem solchen Kader dermassen tief zu fallen? «Im Nachhinein betrachtet war uns nicht bewusst, in welch prekärer Situation wir uns befanden. Wir unterschätzten einiges, arbeiteten auf allen Ebenen nicht mehr so hart wie früher. Nicht das Talent entscheidet über den Erfolg, sondern, wie jeder Einzelne mit seiner Rolle umgeht.» Geering verspürt noch heute Groll im Bauch. Er glaubt, dass die harte Landung einen grossen Lerneffekt zur Folge hat, nun jedem bewusst ist, dass «mit vielen Schüssen alleine keine Spiele gewonnen werden, sondern wir jeden Abend Kampfelemente aufs Eis bringen müssen».
Der ZSC nimmt die Mission Wiedergutmachung mit einem neuen Trainer in Angriff: Rikard Grönborg. Der schwedisch-amerikanische Doppelbürger arbeitete die letzten 13 Jahre für den schwedischen Verband. Von 2016 bis 2019 war er Nationaltrainer und führte die Skandinavier 2017 und 2018 zum WM-Titel. Allerdings war er noch nie für eine Klubmannschaft aus einer höchsten Profiliga tätig.
Davon sei nichts zu spüren, so Geering, er sei sehr durchdacht. Der Verteidiger bezeichnete ihn als «nicht mega laut, aber bestimmt. Er hat auf und neben dem Eis mehr Strukturen geschaffen». Einen hohen Stellenwert haben das Videostudium und das Scouting. Was das System betrifft, ist Grönborg wichtig, kompakt schnell von der Defensive auf die Offensive umzuschalten. Obwohl der ZSC erneut über ein Topteam verfügt, gibt sich Geering vorsichtig: «Wir müssen uns aufs Neue beweisen, ehe wir Ansprüche erheben können.»
Davos will mit Demut zurück zum Erfolg
Noch schlechter als die Lions schnitt der HC Davos ab, der gar zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg 1993 die Playoffs verpasste. Auch die Bündner nehmen die Saison mit einem neuen Trainer in Angriff, und zwar mit Christian Wohlwend. Der 42-Jährige ist neben Luca Cereda der einzige Schweizer Coach in der National League, und wie Grönborg arbeitete er zuletzt für den nationalen Verband - als U20-Nationaltrainer und Assistent von Patrick Fischer.
Dass er nun täglich mit Spielern arbeiten kann, bereitet ihm «mega Spass». Zwar hat er den Wechsel nicht gesucht. Er musste jedoch nicht lange überlegen, als er das Angebot der Davoser erhielt. Die Dankbarkeit, die er verspürt, will er auf seine Schützlinge übertragen. Er will ihnen vermitteln, dass es für sie ein «extremes Privileg» sei, diesen Sport auszuüben, und dies erst noch an einem Ort mit einer solchen Historie.
Mit der Vorbereitung ist Wohlwend sehr zufrieden. «Die Resultate waren sekundär. Wir brauchten Zeit, um das System zu implementieren.» Dieses ist ähnlich wie im Nationalteam. Es ist ausgerichtet auf Puck-Besitz. Das Ziel ist, kontrolliert aus der Defensivzone zu kommen, die Mittelzone so rasch wie möglich zu überbrücken und vorne viele Chance zu kreieren. Wichtig sei zudem, dass die Intensität nicht verloren gehe, erklärte Wohlwend und fügte an: «Es ist hervorragend, wie die Spieler das umsetzen.»
Zur letzten Saison sagte er: «Es ist für jeden Klub und jeden Menschen gut, einmal die Schattenseiten zu erleben. Nach den vorangegangen Erfolgen ist beim HCD Demut eingekehrt.» Insofern stellt das primäre Ziel die Qualifikation für die Playoffs dar. Den Vergleich mit Kulttrainer Arno Del Curto, der die Bündner Ende November nach über 22 Jahren verlassen hat, erachtet Wohlwend als legitim, zumal es gewisse Parallelen gebe. «Allerdings ist nun eine neue Zeit angebrochen. Es liegt an uns, etwas Ähnliches zu erreichen.»