Oh Glühweinstand, du fehlst im Land
Man schätzt erst, was man hatte, wenn es nicht mehr da ist. Dieser Spruch wäre am 31.12.2019 die perfekte Jahreslosung für das Jahr 2020 gewesen. In diesem Jahr haben wir viel schätzen gelernt. Den Glühweinstand aber habe ich schon vor 2020 geschätzt. Denn, was für Kinder an Weihnachten magisch ist, ist es für Erwachsene am Glühweinstand (bis zum nächsten Morgen auf jeden Fall). Eine Lobeshymne auf einen weiteren Ort, auf den wir wegen Corona verzichten müssen.
Oh Glühweinstand, du fehlst im Land
Es glüht so
schön am Glühweinstand, diesem magischen Ort auf Erden
wo Unbekannte schnell zu besten Freunden werden.
Die neue Abendschulklasse, die neuen Mitarbeiter, der neue Schwarm,
am Glühweinstand werden wir mit allen ganz schnell warm.
Schon beim
Anstehen erstrahlen im Meer der Lichter
so viele altbekannte, vertraute Gesichter.
Sogar die zahlreichen Schubser sind nett,
sie beirren uns nicht beim Tanz mit dem Tablett.
Sind die
Becher erst angekommen in der Runde
und das purpurrote Getränk in aller Munde,
beginnt der Geheimnis- und Geschichten-Tausch,
man kann alles sagen – es wird vergessen im Rausch.
Und der
Rausch ist glühend feurig und heiss.
Der Schal und die Handschuhe schon lang nicht mehr weiss.
Rote Flecken und Spuren von Mandarine.
Wen kümmerts? Erst morgen die Waschmaschine.
Glühweinstand,
du bist Sinnbild für Geselligkeit.
Du nimmst jeden auf, von nah und von weit.
Verliert man die einen, lassen sich andere finden
und wird’s wo zu doof, kann man sogleich verschwinden.
Von wem man
heute abgefüllt wird, steht in den Sternen,
der Ex, dem Chef oder muss man den noch kennenlernen?
Kein Chnoblibrot, kein Raclette ist zu teuer
und der Gang zur Toilette stets ein Abenteuer.
Und wenn die Glocke zur letzten Runde schlägt,
ist es noch gar nicht mal so spät.
Das Portemonnaie ist leer, das Herz voll und die Birne dicht.
Bis auf nächstes Jahr, oh Glühweinstand, wir vergessen dich nicht.