Kochen mit Migranten

26.11.2015, 11:52 Uhr
· Online seit 26.11.2015, 11:49 Uhr
Das Jugendrotkreuz Kanton St.Gallen hat ein spezielles Kochbuch gemacht. Die freiwilligen Helfer haben mit 15 Migrantinnen und Migranten landestypische Gerichte gekocht und dabei auch einiges über die Personen erfahren.
René Rödiger
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Die 15 Migrantinnen und Migranten erzählen, warum sie in der Schweiz und wie sie eingereist sind. Danach gibt es ein Rezept, mit vielen Bildern illustriert. Daraus entstanden ist das Kochbuch «Gerüchteküche».

Bereits im Oktober 2014 hatten die frewilligen Helfer zwischen 15 und 30 Jahren des Jugendrotkreuz Kanton St.Gallen die Idee zu diesem Kochbuch. Nebst den Geschichten gibt es Rezepte aus Afghanistan, Äthiopien, Belgien, Brasilien, Indien, Iran, Libanon, Portugal, Serbien, Somalia, Sri Lanka, Sudan, Syrien, Tibet und der Türkei.

«Unser Ziel ist, die Menschen sichtbar machen, die hinter unseren Einwanderungsstatistiken stehen», heisst es im Vorwort des Kochbuchs.

In die Türkei zur Schule

Hier exemplarisch die Geschichte von Zindan aus Syrien. Der Jugendliche kam im Norden Syriens als Jüngster von neun Geschwistern zur Welt. Als 2013 der Bürgerkrieg diese Region erreichte, schickte ihn sein Vater in die Türkei, damit er dort die Schule abschliessen könne.

In der Türkei angekommen registrierte sich Zindan und besuchte die Schule. Bis nach einigen Wochen die Polizei ihm sagte, dass Kurden in dieser Gegend nicht geduldet werden würden. Zindan musste sich wieder auf den Weg machen.

Zusammen mit rund 20 weiteren Personen stieg er in einen Lastwagen, ohne das Ziel zu kennen. Nur am Abend wurde der Laderaum kurz geöffnet, damit die Leute auf die Toilette und etwas essen konnten.

Ankunft im Nirgendwo

Nach 15 Tagen war Zindan am Ziel. Der Lastwagen wurde geöffnet, alle Personen mussten aussteigen. Zindan hatte keine Ahnung wo er war. Heute weiss er: Damals stand er auf einem Parkplatz in Zürich Altstetten.

Nach rund einer Stunde wurde er von einem Landsmann dort abgeholt und in ein Empfangs- und Verfahrenszentrum gebracht. Von dort wurde er in ein Asylzentrum mit einem speziellen Programm für unbegleitete Jugendliche geschickt.

Die ersten paar Monate hatte Zindan keinen Kontakt mit der Familie in Syrien. Dafür habe er sehr schnell Deutsch gelernt. In der Zwischenzeit wohnt auch ein zweiter syrischer Jugendlicher in diesem Asylzentrum, Zindan und er sind nun beste Freunde.

Zindan würde, wenn der Bürgerkrieg in seiner Heimat vorbei ist, gerne wieder nach Hause gehen. Ansonsten könne er sich vorstellen, hier in der Schweiz eine Lehre als Maler zu machen.

Sein Rezept

Gosht se patata
Zutaten (für 4 Personen):
360 g Kartoffeln
3 grosse Tomaten
5 grüne Pimientos
400 g Poulet (Flügel und Schenkel)
4 EL gemahlener Kreuzkümmel

4 EL getrockneter und gemahlener Koriander

Zubereitung:
1. Pimientos halbieren
2. Kartoffeln schälen und in Scheiben schneiden
3. Kartoffeln und Pimientos in heissem Öl anbraten, danach in Gratinform füllen
4. Poulet kurz anbraten
5. Mit Wasser ablöschen (alle Pouletstücke müssen bedeckt sein), 2 EL Salz hinzugeben
6. Wasser mit Poulet zum Sieden bringen, Schaum mit Kelle abschöpfen
7. Sud des Fleisches über die Kartoffeln giessen, bis der Boden bedeckt ist, Fleisch auf die Kartoffeln legen
8. Mit Kümmel und Koriander würzen
9. Tomatenscheiben darauf verteilen

10. Im Ofen auf 200 Grad (vorgeheizt) ca. 20 Minuten backen, bis alles goldbraun ist

Dazu wird traditionell Bulgur aufgetischt. Getrunken wird dazu Tee. Bsm allah!*

Das Kochbuch «Gerüchteküche» mit allen Geschichten und Rezepten gibt es beim Jugendrotkreuz Kanton St.Gallen für 30 Franken.

*sagt man in Syrien vor dem Essen.

veröffentlicht: 26. November 2015 11:49
aktualisiert: 26. November 2015 11:52
Quelle: rr

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