Mafiaclans

Deutsche Polizei rechnet 30 Todesopfer der Mafia zu

03.11.2019, 11:29 Uhr
· Online seit 03.11.2019, 11:25 Uhr
Mitglieder italienischer Mafiaclans haben nach Erkenntnissen der Polizei seit 1990 in Deutschland 30 Menschen getötet. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Frage der Grünen-Abgeordneten Irene Mihalic hervor.
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Darin heisst es: «Dem Bundeskriminalamt liegen seit dem Jahr 1990 Erkenntnisse zu 23 Tötungsdelikten mit insgesamt 30 Todesopfern in Deutschland vor, die der italienischen Mafia zugerechnet werden.» Angaben zu Tötungsdelikten anderen Gruppierungen der Organisierten Kriminalität (OK) würden statistisch nicht gesondert erfasst.

«Die hohen Opferzahlen sind alarmierend und verdeutlichen die grosse Gefahr, die von der italienischen Mafia ausgeht», sagt Mihalic. Dabei sei zu befürchten, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich deutlich höher ausfällt.

Davon geht auch die deutsche Regierung aus. Sie hatte im vergangenen Mai auf eine Anfrage der Grünen erklärt, nach derzeitigen Erkenntnissen würden 585 Menschen Gruppierungen der italienischen Organisierten Kriminalität zugerechnet. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 hatte die Polizei 545 mutmassliche Mafia-Mitglieder auf dem Schirm.

Bis zu 20 'Ndrangheta-Stützpunkte

Allerdings gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass alleine die 'Ndrangheta mindestens 18 bis 20 Stützpunkte in Deutschland hat. Da jedem einzelnen Stützpunkt bis zu 50 Mitglieder zugerechnet werden könnten, sei «von einem erheblichen Dunkelfeld bei den Mitgliederzahlen auszugehen». Alleine bei der 'Ndrangheta sei daher von 800 bis 1000 Mitgliedern in Deutschland auszugehen, stellt die Regierung fest.

Die 'Ndrangheta aus Kalabrien gilt als mächtigste italienische Mafiaorganisation. Eine Fehde zwischen zwei Clans der 'Ndrangheta war Hintergrund der Mafiamorde von Duisburg, wo 2007 nachts vor einer Pizzeria sechs Menschen erschossen wurden.

Minderwertige Ware

Besonders aktiv ist die Mafia in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Zu ihren Haupteinnahmequellen zählen der Rauschgifthandel, Fälschungen und die Erpressung von Gastwirten italienischer Herkunft. Diese werden von den Mafia-Clans häufig gezwungen, überteuerte oder minderwertige Lebensmittel aus Italien zu beziehen - zum Beispiel Wein, Olivenöl oder Salami.

Das ist für die Täter einfacher als die traditionelle Schutzgelderpressung, wo Gastwirte mit vorgehaltener Waffe gezwungen werden, einen Teil ihrer Einnahmen abzugeben. Denn wenn es zu einer Verurteilung kommt, wird der Lebensmittelhandel unter Zwang meist als «Nötigung» eingestuft.

Die Strafe fällt dann niedriger aus als bei der klassischen Schutzgelderpressung - auch weil die Ware ja nicht ganz ohne Wert ist. Ausserdem muss sich der Mafia-Clan in diesem Fall gar nicht erst die Mühe machen, das Geld zu «waschen».

Denn es ist ja schon Teil des «legalen» Wirtschaftskreislaufs. «Zum Teil handelt es sich auch um Lebensmittel, die von Clan-nahen oder Clan-eigenen Unternehmen in Italien produziert werden», sagt Sandro Mattioli, der Vorsitzender des Vereins «Mafia? Nein Danke!».

13 Mafia-Verfahren

Innenpolitikerin Mihalic findet, die Bundesregierung müsse bei der Bekämpfung der Mafia ein noch grösseres Problembewusstsein an den Tag legen und die Sicherheitsbehörden «personell und strukturell befähigen, gegen diese Gruppierungen vorzugehen». Im vergangenen Jahr richteten sich 13 Ermittlungsverfahren gegen die 'Ndrangheta, die Camorra und die sizilianische Cosa Nostra.

Tatsächlich hängt die Zahl der Verfahren immer auch mit den Ressourcen der Polizeibehörden zusammen. Konkret heisst das zum Beispiel: Wenn mehr Kräfte für die Observation islamistischer Gefährder eingesetzt werden müssen, geht das auch zulasten der Verfahren gegen die Organisierte Kriminalität.

veröffentlicht: 3. November 2019 11:25
aktualisiert: 3. November 2019 11:29
Quelle: sda

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