Unerwartete Wende

Neue Zeugin soll gegen Trump aussagen – diese Konsequenzen drohen ihm

30.06.2022, 10:47 Uhr
· Online seit 28.06.2022, 14:19 Uhr
Am Dienstag findet in Washington D.C. ganz unerwartet eine weitere Anhörung der Kapitol-Sturm-Untersuchungen statt. Das verantwortliche Komitee wird dabei eine mysteriöse Kronzeugin präsentieren. Doch um was geht es überhaupt genau? Und welche Rolle spielt Ex-Präsident Trump in alledem? Wir klären auf.

Quelle: So kam es zum Sturm aufs Kapitol, Beitrag vom 7. Januar 2021 / CH Media

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Worum geht es in den sogenannten «January 6 Hearings»?

Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 das Kapitol, der US-amerikanische Parlamentssitz in Washington D.C. erstürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg von Trumps demokratischem Herausforderer Joe Biden vom November 2020, zwei Monate zuvor, verfassungsgemäss zu bestätigen. Der gewalttätige Trump-Mob wollte das verhindern.

Vizepräsident Mike Pence leitete damals in seiner Rolle die Kongresssitzung – rechtlich eine rein zeremonielle Aufgabe. Trump hatte Pence zuvor aber unverhohlen öffentlich aufgerufen, das Prozedere zu blockieren, um ihm so nachträglich zum Wahlsieg zu verhelfen. Zuvor hatte Trump an einer Kundgebung unweit des Kapitols seine Anhänger aufgefordert, dorthin zu «pilgern».

Ein exklusives, neunköpfiges Komitee des Repräsentantenhauses hat daraufhin die Ermittlungen aufgenommen und über 1000 Menschen interviewt. Die offiziellen Anhörungen starteten am 9. Juni 2022. Am Dienstag um 13 Uhr Ortszeit findet ein weiteres «Hearing» statt – das war so eigentlich gar nicht geplant. So wurde schon ausgiebig gemunkelt, wer die mysteriöse Kronzeugin ist – laut «CNN» ist es die frühere Trump-Assistentin Cassidy Hutchinson.

Was ist an den bisherigen Anhörungen zu Licht gekommen?

Seit dem 9. Juni haben diverse Politiker, Regierungsbeamte, Juristen, Staatsanwälte und Zeugen, die bei der Attacke aufs Kapitol anwesend waren, ausgesagt. Die meisten von ihnen belasten Ex-Präsident Trump, der Untersuchungsausschuss bezichtigt ihn gar des Staatsstreichs. Der Vorsitzende des Gremiums, Bennie Thompson, sagte etwa: «Die Gewalt war kein Zufall. Sie stellt Trumps letzten Versuch dar, die verzweifeltste Chance, die Machtübergabe zu verhindern.»

Der von Trump propagierte vermeintliche Wahlbetrug legt die Basis für die Geschehnisse zwei Monate später. Demnach hatte der damalige Präsident Druck auf verschiedene Beamte ausgeübt, ihm dabei zu helfen, seine Wahlniederlage in einen Sieg zu verwandeln. Ein Staatsanwalt aus dem Bundesstaat Georgia, in dem Trump seinem Rivalen Biden unterlag, sagte aus, ihm sei mit der Entlassung gedroht worden, wenn er nicht öffentlich von Betrug spreche.

Viele Zeugenaussagen bekräftigen, dass Trump sehr wohl darüber informiert worden sei und dass er gewusst habe, dass die Stimmenauszählung bei den Wahlen im November 2020 sauber vonstatten ging und dass keine Manipulation vorlag. Folglich bezweckte sein Handeln danach, konkret am 6. Januar, ein rechtmässiges Wahlresultat zu untergraben – Stichwort Staatsstreich.

Welche Konsequenzen drohen Donald Trump?

Dass am 6. Januar 2021 in Washington D.C. etliche Gesetze im und ums Kapitol gebrochen wurden, bestreitet niemand. Die Beweise gegen die Meute sind erdrückend, dazu beigetragen haben auch diverse Filmaufnahmen von anwesenden Reportern. Die Frage ist viel eher, inwiefern man Trump vorsätzliches Anstiften vorwerfen und ihn juristisch eines (versuchten) Putsches bezichtigen kann.

Hierfür braucht es eindeutige Beweise, die sich nicht bloss auf den 6. Januar beschränken. Gelingt es den Justizbehörden, solche hervorzubringen, könnte Trump tatsächlich angeklagt werden. Pikant: Trump hatte auf mehrere Mitarbeitende des Justizministeriums Druck ausgeübt. Laut einem Spitzenbeamten soll er gesagt haben: «Sagen Sie, dass die Wahl korrupt war. Den Rest überlassen Sie mir und den republikanischen Abgeordneten.»

Die Untersuchungskommission selbst kann nicht rechtlich gegen ihn vorgehen – die Entscheidung, ob Anklage erhoben wird, muss letzten Endes Justizminister Merrick Garland und sein Department treffen. Dieser hat sich bis jetzt bedeckt gehalten, inwiefern er eine Anklage anstrebt, lässt sich nur schwer einschätzen.

veröffentlicht: 28. Juni 2022 14:19
aktualisiert: 30. Juni 2022 10:47
Quelle: Today-Zentralredaktion

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