Zypern-Verhandlungen scheitern am Streit um türkisches Militär

07.07.2017, 16:39 Uhr
· Online seit 07.07.2017, 16:14 Uhr
Seit mehr als 40 Jahren ist die Mittelmeerinsel Zypern geteilt. Trotz aller UNO-Bemühungen konnten sich die Konfliktparteien nicht einigen. Nun soll sich der UNO-Sicherheitsrat mit den gescheiterten Zypern-Gesprächen befassen, wie am Freitag eine UNO-Sprecherin sagte.
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Seit dem 28.Juni hatten der griechisch-zyprische Präsident Nicos Anastasiades und der Präsident der Türkischen Republik Nordzypern, Mustafa Akinci, unter UNO-Vermittlung in Crans-Montana VS nach einer Lösung für den jahrzehntelangen Konflikt auf der geteilten Mittelmeerinsel gesucht - vergebens.

UNO-Generalsekretär António Guterres zeigte sich am frühen Freitagmorgen enttäuscht über das Scheitern der Gespräche: «Es tut mir leid bekanntgeben zu müssen, dass trotz der Bemühungen die Konferenz ohne Einigung zu Ende gegangen ist.»

Hauptgrund dafür ist nach übereinstimmenden Aussagen von verschiedenen Diplomaten die Frage des Abzugs der rund 35'000 türkischen Besatzungssoldaten aus dem türkisch-zyprischen Norden der geteilten Insel. Aus Verhandlungskreisen hiess es, die Gespräche seien sehr aufgeheizt. «Leute schrien, es gab viele Emotionen.»

Zwar signalisierte die Türkei Bereitschaft, einen grossen Teil ihrer Truppen von dort abzuziehen. Ein türkisches Kontingent solle jedoch für mindestens 15 Jahre zur Sicherheit der türkischen Zyprer auf der Insel bleiben. Danach könne man über einen weiteren Abzug verhandeln. Zudem will die Türkei Garantiemacht für Zypern bleiben.

Griechenland und die griechischen Zyprer bestanden hingegen darauf, dass Zypern endlich ein «normaler Staat» werden müsse. Garantiemächte und Besatzungstruppen hätten in einem EU-Land wie der Republik Zypern nichts zu suchen.

Deswegen sollten alle Truppen nach einer kurzen Übergangszeit abgezogen werden. Stattdessen soll nach dem Willen von Athen und Nikosia eine internationale Polizeieinheit nach einer Verhandlungslösung für einen friedlichen Übergang sorgen.

Beide Seiten hatten seit Monaten in zahllosen Runden versucht, die Teilung der Mittelmeerinsel am Verhandlungstisch zu überwinden. Die finale Runde in Crans-Montana VS begann am Donnerstagvormittag und ging erst am Freitagmorgen um drei Uhr früh ergebnislos zu Ende.

Guterres war ins Wallis gereist, weil er gute Chancen für eine Lösung sah. Auch die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini kam nach Crans-Montana VS, um ihre Unterstützung zu zeigen. US-Vizepräsident Mike Pence hatte die beiden Präsidenten Akinci und Anastasiades angerufen, um sie zu einer Einigung zu drängen.

Nach dem Ende der Verhandlungen zeigte sich Guterres sichtlich enttäuscht und besorgt: «Ich wünsche nun das Beste für die Zyprer im Norden und Süden.»

Der britische Europaminister Alan Duncan, der als Vertreter der ehemaligen Kolonialmacht Grossbritannien an der Konferenz teilnahm, sprach von einem «enttäuschenden Ende» der Verhandlungen.

Die beiden anderen Garantiemächte für die Republik Zypern, Griechenland und die Türkei, zeigten sich zunächst bereit, die Verhandlungen irgendwie fortzusetzen: «Der Traum von der Lösung der Zypern-Frage bleibt», erklärte der griechische Aussenminister Nikos Kotzias.

Sein türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu sagte seinerseits: «Wir werden unsere Bemühungen für eine Regelung mit anderen Parametern fortsetzen.» Diplomaten befürchten hingegen, die Teilung könnte nach diesem gescheiterten Vermittlungsversuch zementiert werden.

Die Insel ist nach einem Putsch griechischer Militärs und einer türkischen Invasion seit 1974 geteilt. Ziel der seit Jahren andauernden Verhandlungen ist die Bildung einer Föderation zwischen zwei politisch gleichberechtigten Bundesländern - einem griechisch-zyprischen im Süden und einem türkisch-zyprischen im Norden.

Bislang sind unzählige UNO-Vermittlungen kläglich gescheitert. Ganz Zypern ist seit 2004 Mitglied der EU. Solange es keine Verhandlungslösung gibt, gilt das EU-Regelwerk jedoch im türkisch-zyprischen Nordteil der Insel nicht.

veröffentlicht: 7. Juli 2017 16:14
aktualisiert: 7. Juli 2017 16:39
Quelle: SDA

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