Alte FCSG-Führung lässt Hüppi ergrauen

02.03.2018, 18:55 Uhr
· Online seit 02.03.2018, 17:59 Uhr
Die Auslegeordnung beim FC St.Gallen zeigt, dass die alte Clubführung grobe Fehler begangen hat, die den Verein finanziell massiv geschwächt und an den Rand des Abgrund gebracht haben. Der neue Verwaltungsrat ist aber optimistisch, dass es ab jetzt aufwärts geht.
Stephanie Martina
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«Es sind Sachen aufgetaucht, bei denen dachte ich: Das ist gar nicht möglich», sagt Präsident Matthias Hüppi an der Medienkonferenz vom Freitag. Vielleicht habe er deswegen heute etwas mehr graue Haare als noch bei seinem Amtsantritt im Januar. Das frühere Management um Stefan Hernandez habe einige «äusserst fragwürdige Entscheidungen» getroffen, aber die Prüfung durch die Revisionsstelle habe nichts ans Tageslicht gebracht, das strafrechtlich verfolgt werden müsste.

Niemandem Schuld in die Schuhe schieben

Namen fielen während der gesamten Pressekonferenz keine. Immer wieder betonte Hüppi, dass es bei dieser Untersuchung durch externe Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PwC) nicht darum gegangen sei, jemandem die Schuld in die Schuhe zu schieben, sondern aufzuarbeiten, was in der Vergangenheit schiefgelaufen sei und festzustellen, wo angepackt werden müsse. Hüppi attestierte der ehemaligen Führungsriege um Hernandez sogar, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe. «Ich gehe davon aus, dass die alte Führung das Beste für den FCSG gewollt hat – alles andere wäre doch seltsam gewesen.»

Alte Führung hat versagt

Etwas deutlicher wird Finanzchef Christoph Hammer: «Die Geschäftsführung war mangelhaft.» Die begangenen Fehler haben laut dem Verwaltungsrat finanzielle Folgen für den Klub. Im zweiten Halbjahr 2017 hätte der FCSG über zwei Millionen Franken Verlust gemacht, wäre der Spieler Albian Ajeti nicht verkauft worden. Schlussendlich resultierte ein Verlust von 358’000 Franken.

Das strukturelle Defizit von über zwei Millionen Franken sei «sehr happig» und nicht zu akzeptieren. Der FC St.Gallen kann mit solchen Verlusten nicht längerfristig in der Super League existieren. Ende 2017 sei der Verein in einer Situation gesteckt, in der es «Niedergangsrisiken» gegeben habe. «In einer solchen Situation hätte die Führung dringend Gegensteuer geben müssen – das ist jedoch nicht passiert», sagt Hammer. Die neue Führung habe das Ruder dank der eingeleiteten Sofortmassnahmen rumreissen können.

Zinnbauer und Co. kosten noch immer

Hammer betont, dass der FC St.Gallen noch nicht über den Berg, aber auf Kurs sei. Es gebe noch vieles anzupacken, jeden Monat müsse Einsparungspotenzial ausgemacht werden. Fest steht bereits, dass beim Future Champs Ostschweiz (FCO) ein Drittel der heutigen Kosten eingespart wird. Das Budget wird von 4,4 auf 3 Millionen Franken reduziert, indem die Organisation neu strukturiert und dadurch Synergien besser genutzt werden können. Ein erster Schritt sei mit der Zusammenführung von FCO und FC St.Gallen Event AG bereits geschehen.

Weiter gehe es nun darum, «Altlasten» auf der Lohnliste abzubauen, welche die Bilanz belasten. Die laufenden Verträge von Angestellten, die aber nicht mehr im Verein tätig seien, werden den FC St.Gallen bis Mitte Jahr rund 400'000 Franken kosten. Gleich viel seien im vergangenen halben Jahr fällig geworden. Ab Mai laufen die Verträge dann aus», sagt Hammer. Auch hier werden keine Namen genannt. Auf der Lohnliste dürfte aber unter anderem Ex-Trainer Joe Zinnbauer stehen. Auch Hüppis Vorgänger, Stefan Hernandez, wird noch fast ein halbes Jahr lang Lohn einsacken.

Auch auf der Einnahmenseite sind Hüppi und Co. aktiv geworden: «Es ist uns gelungen, die Abwanderungsbewegung bei Sponsoren und Gönnern zu stoppen und neue zu gewinnen», sagt Hüppi.

Dubiose Verträge

Doch nicht nur finanztechnisch hat die neue Führung vieles aufzuarbeiten. Auch in Sachen Verträge wurde unter der alten Führung gemauschelt, einiges sei sogar an Hernandez vorbeigeschleust worden. Es seien Verträge abgeschlossen worden, die in Bezug auf ihre Form von der Swiss Football League nicht akzeptiert werden konnten.

Weiter habe es bei Jungprofis Ungleichbehandlungen bei den Verträgen gegeben. Hüppi erklärt, dass eigentlich alle Jungprofis mit vergleichbaren Chancen gleich viel verdienen sollten. «Dummerweise gab es Verträge, die ohne jede Not verlängert wurden oder mit Klauseln versehen, dass ein Spieler den Verein ohne Ablösesumme und Ausbildungsentschädigung verlassen könnte.» Die Verträge würden Klauseln enthalten, welche die neue Führung nicht verantworten könne. Es sei klar, dass man diese Verträge nicht zu den aktuellen Bedingungen weiterführen werde. Immer wieder betonten sowohl Hüppi als auch Hammer, dass es so etwas in Zukunft nicht mehr geben wird.

Der Fussball soll im Fokus stehen

Obwohl es noch viel aufzuräumen gibt, sind Hüppi und Hammer zuversichtlich, dass dem FCSG sportlich und wirtschaftlich eine positive Zukunft bevorsteht. «Wir wissen, wie wir die Sache angehen müssen. Der FCSG wird mittelfristig eine schwarze Null schreiben, wenn wir ein bisschen Ostschweizer Bescheidenheit an den Tag legen und die Leute ins Stadion holen», sagt Hammer.

Auch Hüppis Ziel ist es, so schnell wie möglich eine ausgeglichene Rechnung vorzuweisen, doch statt die Finanzen will der ehemalige Sportmoderator wieder den Fussball ins Zentrum rücken: «Wir wollen wieder Ruhe in den Verein bringen, damit sich die Spieler und der Staff wieder auf das Kerngeschäftt – den Fussball – konzentrieren können.»

Am kommenden Sonntag tritt der FC St.Gallen auswärts beim FC Thun an. Anpfiff ist um 16 Uhr. FM1Today tickert live.
veröffentlicht: 2. März 2018 17:59
aktualisiert: 2. März 2018 18:55

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