«Stadler möchte den Mietvertrag drücken»

04.04.2017, 17:32 Uhr
· Online seit 04.04.2017, 16:13 Uhr
Der Thurgauer Schienenfahrzeughersteller Stadler Rail plant einen Umzug von Altenrhein ins acht Kilometer entferne St. Margrethen. Der Eigentümer des Standortes in Altenrhein verhindere nötige Investitionen für den Ausbau, so die Kritik von Stadler. Der zuständige Immobilienverwalter wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Michael Ulmann
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Am Dienstagvormittag hat Stadler Rail mitgeteilt, dass man einen Umzug von Altenrhein nach St. Margrethen plane und dort einen neuen Standort evaluiere. Mit ein Grund für die Umzugspläne sei der Umstand, dass der Eigentümer des Areals in Altenrhein in den letzten Jahren keine Bereitschaft gezeigt habe, die nötigen Investitionen zu tätigen und Renovationen durchzuführen. Der Gmeindepräsident von Thal reagiert in einem Interview mit Tagblatt-Online entsetzt über die Umzugspläne.

Patrick Weibel von der Auwiesen Immobilien AG ist der zuständige Immobilienverwalter des Industrieparks in Altenrhein. Er wehrt sich im Interview mit FM1Today gegen die Vorwürfe.

Herr Weibel, wie haben sie auf die Absicht von Stadler Rail, den Standort Altenrhein zu verlassen, reagiert?

Ich habe seit gestern Montag Kenntnis von den Umzugsplänen von Stadler Rail. Im allerersten Moment bin ich schon ein wenig erschrocken. Es kam insofern überraschend, als dass ich im Vorfeld von Stadler Rail in diesem Zusammenhang nichts gehört habe. Zuerst musste ich noch ein wenig lachen, unterdessen ist mir das Lachen aber vergangen. Weil immerhin ist Stadler Rail einer unserer wichtigsten Kunden.

Stimmen denn die Vorwürfe, die Stadler gegen sie erhebt?

Nein, die Vorwürfe weisen wir ganz klar zurück. Die Eigentümerin des Areals, die Zürcher Kantonalbank (für welche die Auwiesen Immobilien AG das Areal verwaltet; Anm. d. Red.), hat in den letzten fünf Jahren rund 13 Millionen Franken werterhaltende und wertvermehrende Investitionen getätigt. Richtig ist, dass der Industriepark in Altenrhein eine heterogene, ältere Liegenschaft ist. Dass man aber nichts gemacht hätte, das weisen wir mit aller Entschiedenheit zurück.

Weshalb wirft Stadler Rail ihnen dann Untätigkeit vor?

Die eigentliche Absicht kenne ich auch nicht. Ich könnte mir unter Umständen vorstellen, dass Stadler Druck ausüben möchte um den Mietvertrag zu drücken. Das ist aber meine ganz persönliche Meinung und bisher auch nur Spekulation. Wir werden sicher in den nächsten Tagen und Monaten zusammensitzen und uns dem Thema annehmen. Da wird es noch einige Gespräche geben. Klar ist, wir streben eine Lösung für den Standort Altenrhein an.

Falls Stadler Rail aber tatsächlich den Standort Altenrhein aufgibt, hätten sie ein schlechtes Gewissen?

De facto ist im Zusammenhang mit dem erwähnten neuen Standort in St. Margrethen ja noch überhaupt nichts entschieden. Und so ein Umzug bzw. Neubau kann auch nicht von heute auf morgen realisiert werden. Das braucht Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte. Ich habe Verständnis dafür, dass ein so grosses Unternehmen wie Stadler Rail ständig daran ist zu evaluieren, wo die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens allenfalls grösser wäre. Aber noch einmal; wir hatten bis anhin ein gutes Geschäftsverhältnis zu Stadler Rail und sind bestrebt, dass Stadler weiterhin und auch langfristig in Altenrhein bleibt. Im Mai feiert das Unternehmen u.a. auch in Altenrhein das 75-jährige Bestehen. Es wäre sehr schade, wenn das die letzte Feier oder das letzte Jubiläum von Stadler Rail in Altenrhein wäre.

Das Interview führte Michael Ulmann.

Das sagt Stadler Rail dazu

Drohgebärde oder tatsächliche Umzugs-Absicht? FM1Today hat Stadler auf die Spekulationen von Patrick Weibel (siehe oben) angesprochen. Grundsätzlich nehme man keine Stellung zu Spekulationen, sagt Marina Winder, Generalsekretärin und Leiterin Kommunikation & PR bei Stadler. Sie hält aber fest, dass es sich hierbei nicht um eine Drohgebärde handle und ergänzt: «Bei der Evaluation des neuen Standortes in St. Margrethen sind wir bereits so weit, dass wir – wenn wir die nötigen Bewilligungen erhalten – noch dieses Jahr mit dem Bau beginnen und circa Mitte 2019 mit der Inbetriebnahme starten könnten.»
veröffentlicht: 4. April 2017 16:13
aktualisiert: 4. April 2017 17:32

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