Rheinecker Apotheke

BAG-Koch zu Drei-Franken-Masken: «Das finde ich problematisch»

30.05.2020, 09:39 Uhr
· Online seit 30.03.2020, 15:13 Uhr
Eine Apotheke in Rheineck lässt die Kunden nur mit Maske in den Laden, wer keine hat, muss für drei Franken eine kaufen. Jetzt kritisiert das Bundesamt für Gesundheit dieses Vorgehen. Auch der Konsumentenschutz hat keine Freude.
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Wer in der Schlüssel Apotheke in Rheineck Medikamente abholen will, der muss eine Maske tragen. Wer keine Maske hat, muss für drei Franken eine kaufen (FM1Today berichtete). Jetzt äussert sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zum Fall und kritisiert den Apotheker.

«Problematisch, Kunden zur Kasse zu bitten»

Auf die entsprechende Frage einer Journalistin an der Medienkonferenz des Bundes antwortet Daniel Koch, Leiter übertragbare Krankheiten beim BAG: «Das finde ich ein bisschen problematisch.» Koch weiter: «Wenn die Apotheke ihren Kunden die Masken gratis abgeben würde, wäre das absolut kein Problem. Doch die Kunden zur Kasse zu bitten, finde ich problematisch. Wenn es um kranke Personen ginge, die in die Apotheke kommen, wäre es noch einigermassen verständlich.» Aber so generell finde er das «ein bisschen übertrieben».

«Apotheker darf Maskentragepflicht aufstellen»

Auch die Stiftung für Konsumentenschutz sieht die Maskentragepflicht der Rheinecker Apotheke problematisch: «Wenn die Kunden aufgefordert werden, eine Maske anzuziehen, dann müsste dies gratis passieren und es könnte auf freiwilliger Basis ein Unkostenbeitrag ‹erbittet› werden», sagt Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, auf Anfrage von FM1Today.

Doch es gebe kein Gesetz, das dem Apotheker aus dem Rheintal die Maskentragepflicht verbiete: «Solange er niemanden diskriminiert oder gegen gesetzliche Pflichten verstösst, darf er eine Maskentragepflicht aufstellen», so Stalder.

«Schwierig, zwischen Patient und Nicht-Patient zu unterscheiden»

Elmar Peretti, Inhaber der Schlüssel Apotheke, sagt, die Maskenpflicht diene seinem Schutz. «Wenn ich krank bin, kann ich ja nicht mehr für die Kunden da sein.» Den Preis rechtfertigt er mit den Schutzmassnahmen, die er habe ergreifen müssen, und die bezahlt werden müssten. Elmar Peretti hat sich eine Sicherheitskammer eingerichtet. Der Kunde ist umgeben von Wänden. Vorne ist eine Plexiglasscheibe, die sich von innen öffnen lässt, damit Elmar Peretti Sachen rausgeben kann.

Für die Kritik von Daniel Koch vom BAG hat er kein Verständnis. «Wir können die Schutzmasken gerne gratis abgeben, wir schicken Herrn Koch dann unsere Unkostenrechnung», sagt Peretti. «Gerne kann Herr Koch mit mir als Frontmann mal über die verzwickte Lage, an einem Kumulationspunkt von Coronaviren zu sein, sprechen. Die grosse Schwierigkeiten in diesen Tagen ist, zwischen Patienten und Nicht-Patienten unterscheiden zu können.»

«Aktion der Apotheke ist falsche Solidarität»

Mit dieser Problematik kennt sich Claudia Meier-Uffer aus. Sie ist Präsidentin des Apothekerverbandes St.Gallen-Appenzell. «Wir haben unseren Mitgliedern Empfehlungen abgegeben, unter anderem, ohne Maske zu arbeiten», sagt sie. «Wir predigen andauernd, dass nur Leute, die mit dem Coronavirus infiziert sind oder allenfalls Kontakt mit Infizierten haben, Masken tragen sollen. Für mich ist die Aktion der Rheinecker Apotheke falsche Solidarität.»

Peretti glaubt an baldige Maskenpflicht

Elmar Peretti hat seine Apotheke im Moment geschlossen. «Damit sich die durch Ihre Berichterstattung ausgelöste Negativwelle gegen unser Geschäft etwas glättet», schreibt er in einer Stellungnahme an FM1Today. Er ist überzeugt, dass die Schweiz bald auch die Maskenpflicht einführt, wie dies Österreich am Montag getan hat. «Ich kann dann endlich so sicher arbeiten, wie die wissenschaftliche Literatur es bereits klar beschrieben hat.»

Schweiz bräuchte 300 Millionen Masken

Daniel Koch vom BAG sagt derweil, dass eine Maskenpflicht in der Schweiz nicht geplant sei. Dazu würden im Moment auch die Masken fehlen. Rund 300 Millionen Masken wären nötig, um die Bevölkerung flächendeckend zu versorgen, sagt Koch und bezieht sich auf eine ETH-Studie. Schon jetzt verbrauchen Ärzte, Personen, die mit Risikopatienten arbeiten und Kranke in der Schweiz täglich eine bis zwei Millionen Masken. Der Masken-Nachschub für diese Gruppe ist gesichert. Laut Koch auch für eine längere Zeit als nur ein paar Tage.

veröffentlicht: 30. März 2020 15:13
aktualisiert: 30. Mai 2020 09:39
Quelle: FM1Today

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