Ostschweiz

«Das hätte die Familie dahingerafft»

«Das hätte die Familie dahingerafft»

06.10.2017, 16:44 Uhr
· Online seit 06.10.2017, 11:40 Uhr
Franz Mock ist amtlicher Pilz-Kontrolleur und fungiert somit auch als Lebensretter. Nicht selten verstecken sich giftige Pilze in den Sammlers Körben. Und diese sind heuer besonders voll.
Vanessa Kobelt
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Schon über 30 Jahre ist Franz Mock amtlicher Pilz-Kontrolleur des Kantons Appenzell Innerrhoden. Zurzeit klopfen die Sammler jeden Tag an seine Türe, denn der 75-Jährige kontrolliert die Pilze von zu Hause aus. Dieses Jahr hat Franz Mock so viel Arbeit wie noch nie. Umso voller die Körbe – umso grösser die Gefahr, einen ungeniessbaren oder gar giftigen Pilz im Gepäck zu haben.

Franz Mock, haben Sie momentan überhaupt noch Freizeit?

(lacht) Ja das schon. Ich habe aber wirklich in meiner ganzen Amtszeit noch nie so viele Kontrollen durchgeführt. Bei mir können die Leute von morgens bis abends vorbeikommen. Die meisten rufen vorher gar nicht erst an. Sie denken sich: «Ah, dä Mock isch denn scho dahääm.»  Und das ist ja auch meistens so.

Was fällt Ihnen dieses Jahr auf?

Es gibt in dieser Saison extrem viele essbare Pilze. Von den Steinpilzen und Eierschwämmen habe ich aussergewöhnlich grosse Mengen kontrolliert. Aber auch viele verschiedene Arten konnte man in den Körben der Sammler finden. Noch nie habe ich so viele seltene Pilze gesehen wie dieses Jahr, sogar mein Lieblings-Pilz war dabei.

Was ist ihr Lieblings-Pilz?

Mir gefällt die «Schleier-Eule», ein sehr schöner Pilz, der bei uns sehr selten ist. Aber auch der «Tintenfisch» war dabei. Das ist wirklich schön zu sehen, wenn jemand so etwas Aussergewöhnliches findet.

Haben Sie nachgefragt, wo die seltenen Pilze gefunden wurden?

Nein, ich frage die Leute nie, wo sie die Pilze gefunden haben. Sonst hätten die Sammler schnell das Gefühl, man wolle sie ausfragen und diese Plätze dann aufsuchen.

Die Pilzer verraten also nicht gerne Geheimnisse?

Das ist so. Man sagt als Pilzer nicht einfach, wo man seine besten Pilze findet. Das bleibt geheim.

Sie haben als Pilz-Kontrolleur bestimmt schon vieles erlebt. Gab es auch brenzlige Situationen?

Auf jeden Fall. Ich erinnere mich an eine Situation, als ich noch bei der Post gearbeitet habe. Eine Frau hatte ihrer Meinung nach einen Sack voll «Boviste» gesammelt. Um ganz sicher zu sein, kam sie kurz bei mir auf der Post vorbei. Ich schaute in das Säckli rein uns sah: Es waren alles junge Fliegenpilze!

Ui… Ziemlich gefährlich?

Ja, nicht gerade tödlich – aber sehr, sehr giftig.

Gab es denn schon eine Situation, die hätte tödlich ausgehen können?

Ja, eine Geschichte werde ich nie vergessen. Eine Mutter mit drei kleinen Kindern fuhr im Auto an unserem Haus vorbei. Sie wollte eigentlich gleich zuhause ihre gesammelten Champignons zubereiten. Als sie mich sah, entschied sie sich, die Pilze doch zu zeigen. Ich war geschockt. Es waren keine Champignons – sondern tödlich giftige Knollenblätterpilze. Die Pilze hätten die ganze Familie dahingerafft. Dieses Erlebnis ist mir sehr eingefahren.

Sie fungieren also auch als Lebensretter?

Das ist so. Es kommt öfters vor, dass man jemanden vor einem giftigen Pilz bewahren muss. Nicht immer muss so ein Pilz direkt zum Tod führen, aber Vergiftungen können auch sonst schlimm sein.

Wie gehen sie mit dieser Verantwortung um?

Nach mehr als 30 Jahren wird so etwas auch zum Alltag. Grundsätzlich gilt: Wenn man sich bei einem Pilz nicht hundertprozentig sicher ist, dann darf man ihn nicht freigeben. Das ist oberstes Prinzip.

Es ist gar nicht so einfach, geniessbare von giftigen Pilzen zu unterscheiden. Teste hier dein Pilze-Wissen!

 

veröffentlicht: 6. Oktober 2017 11:40
aktualisiert: 6. Oktober 2017 16:44
Quelle: kov

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