Zertifikatspflicht

«Es werden nicht jeden Tag in jeder Beiz Kontrollen durchgeführt»

· Online seit 14.09.2021, 05:44 Uhr
Eine Webseite vereinigt Firmen, die sich gegen Zertifikatskontrollen stemmen – darunter auch Gastrobetriebe, die mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen. Im Kanton St.Gallen obliegt die Kontrolle der Restaurants den Gemeinden. Doch diesen fehlen die Ressourcen.

Quelle: TVO/FM1Today

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Schweizweit 4000 Firmen, viele aus dem Bereich der Alternativmedizin, haben sich auf der Zertifikatsgegner-Webseite animap.ch eingetragen und garantieren, darauf zu verzichten, «Kundinnen und Kunden auf ihren Gesundheitszustand anzusprechen und/oder den Vorweis von Gesundheitsdokumenten zu verlangen».

Die Zertifikatspflicht gilt seit dieser Woche unter anderen für Innenräume von Restaurants, Konzerte, Kinos und Hallenbäder. Für die meisten Firmen ist ein Eintrag auf dieser Plattform vor allem ein politisches Statement. Dies bestätigt unter anderem Geschäftsführer Thomas Graf von Elektro Graf in Lüchingen: «Ich wehre mich gegen die Unterdrückung des Volkes», sagt er kurz angebunden auf Anfrage von FM1Today.

Freiheitsrechte nicht einschränken

Gaststätten hingegen, die sich weigern, die Zertifikatspflicht einzuhalten, müssen mit Bussen von bis zu 10'000 Franken rechnen. Diese Androhung hat aber knapp 200 Gastrounternehmen nicht davon abgehalten, ihre Position auf animap.ch öffentlich zu machen.

Zum Beispiel eine Wirtin eines Toggenburger Berggasthauses. Sie stellt von Anfang an klar, dass sie keine Corona-Leugnerin sei. «Es geht mir um die Freiheit. Das Zertifikat schränkt die Freiheitsrechte unter dem Deckmantel der Pandemie ein.»

Die neuen Massnahmen will die Geschäftsführerin des Berggasthauses nicht befolgen: «Ich werde niemanden in meinem Gasthaus kontrollieren, denn ich bin keine Amtsperson.» Das Risiko, eine hohe Busse zu bekommen, nimmt sie dabei in Kauf. «Die Polizei hat kein Recht, in meinem Haus zu kontrollieren. Ich würde Einsprache erheben.»

«Ich würde dafür ins Gefängnis gehen»

Die gleiche Haltung vertritt Trudi Gmünder, Wirtin des Schäfli-Moos in Oberriet, auch sie will ihre Gäste nicht kontrollieren. «Jeder Gast soll selbst die Verantwortung tragen.» Sie bemängelt, dass die Massnahmen «wieder auf dem Buckel der Gastrounternehmen ausgetragen werden».

Vor strafrechtlichen Konsequenzen hat sie keine Angst: «Eine Busse würde ich zurückschicken und ich würde dafür sogar ins Gefängnis gehen», sagt sie gegenüber TVO. Die Wirtin fürchtet sich in erster Linie vor Einnahmeeinbussen: «Bereits haben erste Gäste ihre Feste abgesagt, nicht jeder hat Lust, sich impfen zu lassen.»

Gemeinden müssen auf Stichproben setzen

Zuständig für die Kontrollen im Kanton St.Gallen sind die Gemeinden. Grössere Gemeinden, wie die Stadt St.Gallen, können die Kontrollen an die Polizei delegieren, doch viele Gemeinden müssen sich zuerst wieder organisieren, auch sie wissen erst seit vergangenem Mittwoch von der definitiven Einführung der Zertifikatspflicht.

«Die Gemeinden haben nicht die Ressourcen, jeden Tag in jeder Beiz Kontrollen durchzuführen. Deshalb wird es zumindest bei Beginn auf Stichprobenkontrollen hinauslaufen», sagt Bernhard Keller, Geschäftsführer der Vereinigung der St.Galler Gemeindepräsidenten. Die Gemeinden haben auch kaum die Möglichkeit, aktiv die Social-Media-Foren nach Zertifikatskontroll-Verweigerern abzusuchen. «Auch dazu fehlen schlicht die Ressourcen. Doch sollten Hinweise aus der Bevölkerung kommen, werden die Gemeinden diesen nachgehen.»

Kontrollen sind seit Pandemiebeginn für die Gemeinden nichts Neues, bereits bei der Maskentragpflicht, der Abstandspflicht oder Registrationspflicht bei den Restaurants lag die Kontrollhoheit bei den Gemeinden. «Und mit der neuen Zertifikatskontrollpflicht werden wir auch in den nächsten Wochen gefordert sein.»

veröffentlicht: 14. September 2021 05:44
aktualisiert: 14. September 2021 05:44
Quelle: FM1Today

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