Telefonbetrug

Falsche Polizisten in der Ostschweiz: «Eine riesige Plage»

24.11.2021, 08:56 Uhr
· Online seit 24.11.2021, 05:56 Uhr
Immer mehr Menschen fallen auf die Betrugsmasche «falscher Polizist» herein. Auch in der Ostschweiz häufen sich die Fälle. Im Kanton St.Gallen beträgt die Deliktsumme jetzt schon über 600'000 Franken.
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Eine ältere Frau nimmt das Telefon ab – in der Leitung meldet sich ein vermeintlicher Polizist. Er fordert die Seniorin auf, ihre Wertsachen der Polizei zu übergeben. Zu ihrer eigenen Sicherheit, denn es seien Einbrecher unterwegs. Tut die Seniorin, was der Mann am Telefon sagt, wird sie ihr Geld und ihren Schmuck nie wiedersehen. Dann ist sie auf die Betrugsmasche «Falscher Polizist» hereingefallen.

Deliktsumme hat sich verzehnfacht

Immer häufiger werden in der Schweiz ältere Menschen von Telefonbetrügern über den Tisch gezogen. 2016 gab es noch sechs Betrugsfälle, 2020 wurde bereits in 118 Fällen Geld ergaunert. Die Deliktsumme hat sich fast verzehnfacht – von 450'000 auf 4,3 Millionen Franken. Der Trick mit der falschen Polizistin oder mit dem falschen Polizisten hat den Enkeltrick als beliebteste Telefonbetrugsmasche abgelöst.

«Sie suchen nach älteren Namen»

Auch in der Ostschweiz halten falsche Polizisten die echte Polizei auf Trab. Erst am Freitag ist eine 68-jährige Frau aus St.Gallen auf die Betrugsmasche «falscher Polizist» hereingefallen. Eine unbekannte Betrügerin hat der Frau 22'000 Franken abgeknöpft.

«Die Anrufe sind eine riesige Plage», sagt Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen. «Es sind sowohl weibliche wie männliche Täter, die in den Telefonbüchern bewusst nach Namen suchen, die älter klingen. Leider nutzen sie ein Geschäftsmodell, das offenbar funktioniert.»

Schon fast 800 Anrufe dieses Jahr

Die Kantonspolizei St.Gallen hat in diesem Jahr schon fast 800 solcher Betrugsanrufe registriert. Die meisten der Opfer waren über 70 Jahre alt. Obwohl die Betrüger nicht immer erfolgreich sind, haben sie in St.Gallen bereits 600'000 Franken ergaunert. «Wir gehen von einer grossen Dunkelziffer aus», sagt Hanspeter Krüsi. «Vermutlich gibt es in Wirklichkeit fünf bis sechs Mal mehr Anrufe – und auch die Deliktsumme dürfte zwei bis drei Mal höher sein.» Viele Geschädigte würden sich aus Scham nicht bei der Polizei melden.

Auch im Thurgau viele Betrugsanrufe

Ähnlich wie in St.Gallen muss sich auch die Kantonspolizei Thurgau fast wöchentlich mit Telefonbetrügern auseinandersetzen. Am Montag hat eine Seniorin in Kreuzlingen richtig reagiert und ist nicht auf einen Trickbetrüger reingefallen. Die 82-Jährige erhielt einen sogenannten Schockanruf. Es hiess, dass ihr Sohn einen Unfall verursacht und einen Menschen getötet habe. Damit der Sohn aus der Haft entlassen werde, sei eine Kaution von mehreren zehntausend Franken nötig.

«Solche Schockanrufe sind im Kanton Thurgau zum Glück eher selten», sagt Daniel Meili, Mediensprecher der Thurgauer Kantonspolizei. «Jedoch gibt es immer wieder neue Wellen von Betrugsmaschen.» Eine Zeit lang habe es viele Anrufe von Betrügern gegeben, die sich als Microsoft-Mitarbeiter ausgegeben hätten, um an persönliche Daten zu gelangen.

Aktuell sei aber die Masche mit dem falschen Polizisten, genau wie in anderen Kantonen, vorherrschend. «Wir bemühen uns diesbezüglich sehr um Prävention und machen immer wieder darauf aufmerksam», sagt Meili.

Nur wenig Geschädigte in Ausserrhoden

Zwischen den Kantonen seien die Telefonbetrüger ein zentrales Thema, bestätigt Hanspeter Saxer, Sprecher der Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden. «Auch bei uns gibt es immer wieder Fälle mit falschen Polizisten. Meistens treten mehrere hintereinander auf und häufig auch in der gleichen Gemeinde oder Region.» Erfreulich sei, dass in Appenzell Ausserrhoden nur in Ausnahmefällen Personen geschädigt würden.

Kurse für Senioren

Um schweizweit auf das Problem aufmerksam zu machen, gibt es immer wieder Sensibilisierungskampagnen der Polizeien. Ausserdem bietet Pro Senectute extra Kurse für Seniorinnen und Senioren an, um auf die kriminellen Tricksereien aufmerksam zu machen. Wichtig seien diese auch, damit Seniorinnen und Senioren untereinander über dubiose Telefonanrufe sprechen.

veröffentlicht: 24. November 2021 05:56
aktualisiert: 24. November 2021 08:56
Quelle: FM1Today

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