St.Galler Kantonsärztin

«Ich wurde bedroht und massiv angefeindet»

25.02.2022, 21:12 Uhr
· Online seit 25.02.2022, 18:34 Uhr
Nach zwei Jahren Corona-Pandemie legt die St.Galler Kantonsärztin Danuta Zemp ihr Amt auf Ende 2022 nieder. Im Interview mit TVO blickt sie auf die Krise und dabei kommt Erschreckendes zutage.

Quelle: tvo

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Die St.Galler Kantonsärztin Danuta Zemp wird Ende Jahr zurücktreten, dies teilte der Kanton diese Woche mit. Sie ist seit 2017 im Amt und hat zwei intensive Jahre Coronapandemie hinter sich.

TVO: Lassen Sie uns eine kurze Zeitreise machen. Heute Freitag vor zwei Jahren wurde der erste Coronafall in der Schweiz nachgewiesen. Wie war dieser Moment für Sie?
Danuta Zemp: An diese Nachricht kann ich mich noch gut erinnern. Ich war nämlich gerade in den Ferien. Aber ich muss sagen, ich habe die Dimension etwas unterschätzt. Folglich bereiteten mir die ersten Coronafälle kaum Sorge, das hat sich aber schnell geändert.

Wie kam es bei Ihnen zum Umdenken?
Nach kurzer Zeit wurde es gefährlich und man bekam Angst. Aus China hatten wir kaum Informationen. Deshalb gingen wir immer von schlimmstem Fall aus und haben uns dementsprechend vorbereitet. Zum Glück war die erste Coronawelle nicht so schlimm, wie erwartet.

Wenn Sie auf die ganzen letzten zwei Jahre zurückschauen, wie fühlt sich das an?
Es war extrem streng, aber auch lehrreich. Ich war permanent atemlos. Mein Team und ich sind durch diese zwei Jahre förmlich gerannt und mussten uns täglich neuen Problematiken stellen. Es war wirklich eine Herausforderung.

Gibt es Dinge, die Sie nun anders machen würden?
Ich würde von Beginn an mit Nachdruck um mehr Ressourcen bitten, sodass mehr Personen miteinbezogen wären, die das Ganze mittragen. Eine Krise explodiert sehr schnell und dann ist man froh um jede Hand, die mithilft.

Sie standen in dieser Zeit unter sehr hohem Druck. Nun ist vieles vorbei. Schauen Sie entspannter in die Zukunft?
Zum Teil, doch jetzt stehe ich unter einem anderen Druck,  alles sauber abschliessen zu können. Ausserdem bereiten wir uns auf den Herbst vor. Es ist im Moment noch unklar, was auf uns zukommen wird. Wir dürfen nicht alles abbauen und müssen schauen, dass das Wissen erhalten bleibt.

Sie standen vor zwei Jahren plötzlich in der Öffentlichkeit, wurden sie auch angefeindet?
Es war eine sehr belastende Zeit und ich wurde sehr angefeindet und beschimpft. Man hat mir viel unterstellt und viele Fake-News waren im Umlauf. Das war enorm belastend für mich – am Ende des Tages bin ich auch nur ein Mensch und es hat mich sehr betroffen gemacht.

Was genau ist passiert?
Menschen haben mir massiv beleidigende E-Mails und Briefe geschrieben, es gab Aufrufe zur Mahnwache vor unseren Büros, ich wurde im Internet auch bedroht.

(red.)

veröffentlicht: 25. Februar 2022 18:34
aktualisiert: 25. Februar 2022 21:12
Quelle: TVO/FM1Today

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