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Stadtpolizei St.Gallen über Grosskontrolle: «Das war keine Pauschalisierung»

Ausschreitungen

Stadtpolizei St.Gallen über Grosskontrolle: «Das war keine Pauschalisierung»

· Online seit 06.02.2023, 19:51 Uhr
Am Samstag hat die Stadtpolizei St.Gallen eine Grosskontrolle bei Fussballfans durchgeführt. Die Genfer Fans und auch der Servette FC waren darüber alles andere als erfreut. Gegenüber FM1Today bezieht die Stadtpolizei nun Stellung.
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Am Samstagabend war es im Gästesektor des Kybunparks gespenstisch still. Die Servette-Fans boykottierten das Spiel, weil zuvor die Stadtpolizei St.Gallen eine Grosskontrolle durchführte. Grund dafür waren die Ausschreitungen vom vergangenen Oktober, bei dem einige Servette-Anhänger friedliche St.Gallen-Fans angriffen. Auch ein Polizist wurde damals verletzt.

Die Aktion sorgte nicht nur bei den Fans für Aufsehen. Auch der Verein selbst echauffierte sich in einem Statement über das Vorgehen. Doch hat die Stadtpolizei unverhältnismässig reagiert? Und warum griff sie überhaupt zu diesem eher drastischen Mittel? Wir haben die Stadtpolizei St.Gallen mit den Vorwürfen konfrontiert.

Was ist genau bei der Kontrolle passiert?

Zur Kontrolle kam es auf der Passerelle beim Stadion, wie Dionys Widmer, Mediensprecher der Stadtpolizei St.Gallen, gegenüber FM1Today ausführt. Laut Widmer habe die Polizei dort die Fans gestoppt und kurz festgehalten. Von einer Pauschalisierung aller Fans in Bezug auf die Personenkontrollen will Widmer nichts wissen. Via Durchsage hätten die Einsatzkräfte die Fans über die Personenkontrolle informiert. Dabei wurde mitgeteilt, dass Personen, die nicht dem Signalement entsprechen, weitergehen könnten. «Also eigentlich hätten Frauen oder ältere Personen ohne Probleme ins Stadion gehen können», so Widmer. Denn die Bildaufnahmen vom vergangenen Herbst würden diese Personen als Täter ausschliessen. Die Fans verweigerten allerdings die Kontrolle. «Darum haben wir dann jede Person im Vorbeilaufen visuell kontrolliert, ob sie als Täterschaft in Frage kommt», so Widmer weiter.

Warum hat man nicht mit den Bildern gefahndet?

Randalierende Fussballfans sind in St.Gallen kein Einzelfall. Auch nach FCZ-Anhängern wurde bereits gefahndet. Damals wurden die Bilder zuerst verpixelt und dann unzensiert veröffentlicht. Auch dieses Mal lagen Bilder der Servette-Chaoten vor, veröffentlicht hat sie die Stadtpolizei aber nicht. Doch warum? Laut Widmer ersuche die Polizei in einem solchen Fall um Rechtshilfe. In diesem Fall habe man die Genfer Kantonspolizei um Hilfe ersucht und ihnen die Bildaufnahmen zur Verfügung gestellt. Da die Fahndung aber ergebnislos blieb, entschied sich die Stadtpolizei St.Gallen, die Täter im Rahmen der Personenkontrolle zu ermitteln. Dieser Schritt sei laut Mediensprecher Widmer der richtige gewesen: «Wir konnten direkt neun Personen anhand der Bilder identifizieren und so ein Verfahren einleiten.»

Ist die Kontrolle verhältnismässig?

Für die Stadtpolizei war die Kontrolle nötig, wie Widmer ausführt. Die Polizei habe gezielt nach Personen gesucht und nicht einfach alle unter Generalverdacht gestellt. Die Stadtpolizei habe 20 Dossiers zu Tätern gehabt, welche von der Genfer Polizei nicht identifiziert werden konnten. Dass diese Personen wieder an einem Servette-Spiel in St.Gallen auftauchen, sei für die Stadtpolizei klar gewesen. Effektiv kontrolliert wurden laut Widmer nur 22 Personen. Von diesen 22 konnten neun mit den Ausschreitungen in Verbindung gebracht werden.

Wurde diese Kontrolle nur durchgeführt, weil bei den Ausschreitungen ein Polizist verletzt wurde?

Diesen Vorwurf weist Dionys Widmer klar zurück. Die Servette-Anhänger hätten im Oktober 2022 zuerst friedliche FCSG-Fans attackiert, darunter auch Familien. Es flogen beispielsweise Steine und Stühle. «Das hätte böse enden können», so der Polizeisprecher und fügt an: «Wir tolerieren in St.Gallen keine Gewalt.» Darum seien die entsprechenden Massnahmen eingeleitet und umgesetzt worden.

War diese Kontrolle ein Einzelfall?

Solche Personenkontrollen seien laut Widmer mögliche Massnahmen, um mutmassliche Straftäter zu identifizieren. Genau in die Karten blicken lassen will er sich aber nicht. «Wir können nicht pauschal sagen, in welchen Fällen wir solche Kontrollen durchführen», sagt Widmer. Dies werde situativ beurteilt. Widmer betont allerdings, dass eine solche Kontrolle sicher nicht die erste Massnahme ist. In diesem Fall verweist er erneut auf die ergebnislose Fahndung in Genf.

Braucht es eine Bewilligung für eine solche Kontrolle?

Nein, die Stadtpolizei kann eine solche Personenkontrolle ohne Bewilligung durchführen. Dies gehöre zu den polizeilichen Aufgaben.

veröffentlicht: 6. Februar 2023 19:51
aktualisiert: 6. Februar 2023 19:51
Quelle: FM1Today

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