Spitzguuge

Geisterspiele ab Juni – wenn der Bund mitzieht

23.04.2020, 06:24 Uhr
· Online seit 22.04.2020, 14:11 Uhr
Die Swiss Football League hofft, dass das Bundesamt für Sport ihrem Konzept bald grünes Licht erteilt. Denn dann muss die Liga auch noch die Clubs überzeugen. «Die Liga ist zur Drehscheibe zwischen Clubs und Bund geworden», schreibt Sportjournalist Dominic Ledergerber.

Quelle: TVO

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Es ist nach langer Zeit so etwas wie ein Zeichen, dass es mit dem Schweizer Fussball doch noch irgendwann weitergehen könnte. Die Swiss Football League (SFL) hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern ein vielseitiges Konzept erstellt, wie man die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs und das Durchführen von Geisterspielen organisieren könnte. Dies ist auch ein neuerliches Bekenntnis der Liga dazu, die Saison zu Ende zu spielen.

Das Konzept, das nun vom Bundesamt für Sport (Baspo) geprüft wird, ist sehr detailliert. Was jedoch fehlt, ist ein konkretes Datum, wann Leader St.Gallen und seine Konkurrenz wieder in die Stiefel steigen sollen. Und das kommt nicht von ungefähr. Hinter vorgehaltener Hand fühlen sich Liga und Clubs vom Bund im Stich gelassen. Zwar hatte dieser den Lockdown am 16. April nicht nur verlängert, sondern auch Lockerungen in Aussicht gestellt. Allerdings liess der Bundesrat offen, wie es mit Grossveranstaltungen wie Fussballspielen – selbst ohne Zuschauer – weitergehen soll.

«Einerseits ist es unsere Aufgabe, die Interessen der Clubs zu bündeln und damit auf den Bund zuzugehen. Andererseits wollen wir mit diesem Konzept auch deutlich machen, dass die Zeit drängt», sagt Ligasprecher Philippe Guggisberg.

Schnellzug oder Tram?

Anders formuliert könnte man auch sagen: Die Liga macht Dampf, sie gibt dem Bund die Sporen. Seit der Notstand ausgerufen wurde, hielt sich die SFL mit der Bekanntgabe eines Datums zurück. Der inoffizielle Plan, am 21. Mai den Spielbetrieb wieder aufzunehmen, musste schnell einmal über Bord geworfen werden. Nun stehen Geisterspiele ab frühestens Juni im Raum, doch das ist nicht einmal nur vom Verlauf der Pandemie abhängig.

«Sollte der Bund für unser Konzept grünes Licht geben, dauert es wohl noch einmal einige Wochen, bis wieder gespielt werden kann», so Guggisberg. Denn dann müsste die Liga mit den Clubs einen Terminplan ausarbeiten, dazu bräuchten die Spieler wohl noch einmal drei Wochen Training, um für die Wiederaufnahme der Meisterschaft fit zu sein.

Jetzt liegt der Ball also beim Bund. Mit der Verabschiedung des Konzepts hat die Liga vorerst all ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. Sie hat zwar gebetsmühlenartig wiederholt, dass die Zeit drängt. Ob der Bund bei der Analyse des Konzepts aber mit dem Schnellzug oder dem Tram unterwegs ist, wird sich noch zeigen müssen.

Hüppi: «Keine Sonderrolle für den Fussball»

Sollte das Baspo dem SFL-Konzept zustimmen, ist sicherlich ein wichtiges Teilziel erreicht. Allerdings muss die Liga dann auch noch die Clubs überzeugen. Die SFL ist so zur Drehscheibe zwischen Clubs und Bund geworden. Noch anfangs März sprachen sich die allermeisten Vertreter der 20 Schweizer Profi-Clubs gegen Geisterspiele aus. Darunter auch FCSG-Präsident Matthias Hüppi.

Heute sagt er: «Wenn wir die Saison mit einer Serie von 13 Geisterspielen beenden wollen, müssen wir gründlichst prüfen, ob dies sinnvoll und wirtschaftlich machbar ist. Nur dann ist dieses Szenario für uns umsetzbar.»

Trotzdem bleiben die Geisterspiele ein Notszenario, sagt Hüppi im Interview mit TVO:

Quelle: TVO

Zweifel daran bestehen indes nicht nur bei Hüppi. Mit Geisterspielen generieren die Clubs keine Einnahmen, sie tragen aber dennoch die Sicherheitskosten.

Handkehrum erhielten sie so aber weiterhin TV-Gelder. Wahrlich keine einfache Rechenaufgabe. So oder so ist Matthias Hüppi dagegen, bei König Fussball Ausnahmen zu machen: «Fussball ist ein Teil einer Gesamtsituation, die an sich schon schwierig genug ist. Ich rate, dass man mit dem Anspruch auf eine Sonderrolle sehr sensibel umgeht, auch wenn der Fussball gesellschaftlich und wirtschaftlich grosse Bedeutung hat.»

Allez, Baspo!

Der Liga kann man indes kaum einen Vorwurf machen. Wäre sie früher mit einem Konzept beim Baspo vorstellig geworden, hätte dieses wohl ohnehin wieder über den Haufen geworfen werden müssen. Und auch jetzt ist die SFL in keiner rosigen Situation. Sie muss geduldig die Entscheidung des Bundes abwarten und gleichzeitig die Clubs vertrösten.

Deshalb: Allez, Baspo! Das Bundesamt für Sport muss seinem Namen nun alle Ehre machen und das Konzept schnell und gründlich prüfen. Nur dann kann die Saison 2019/2020 doch noch zu Ende gespielt werden. Und der FC St.Gallen möglicherweise auch einen echten Titel feiern.

veröffentlicht: 22. April 2020 14:11
aktualisiert: 23. April 2020 06:24
Quelle: FM1Today

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