«Millionen aus dem Fenster geworfen»

31.05.2018, 18:09 Uhr
· Online seit 31.05.2018, 12:58 Uhr
Die Gewerkschaft VPOD ist «hell entsetzt» über den Vorschlag des Verwaltungsrates der Spitalverbunde des Kantons St.Gallen, fünf Bettenstationen zu schliessen. Man müsse die Weichen stellen, sagt der Verwaltungsratspräsident der Spitalverbunde.
Sarah Lippuner
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Ein jährliches Defizit von 70 Millionen Franken droht den Spitalverbunden im Kanton St.Gallen. Dies unter anderem weil der Bettenbedarf und die Dauer des Spitalaufenthalts sinkt. Deshalb will der Verwaltungsrat sparen, indem die stationären Stationen in fünf Spitälern (Altstätten, Flawil, Rorschach, Walenstadt, Wattwil) geschlossen werden. Die Notfallversorgung bleibt in allen neun kantonalen Spitälern weiterhin gewährleistet. «Wir müssen die Weichen stellen, damit wir auch in Zukunft die Versorgung der St.Galler Bevölkerung wahrnehmen können», sagt Felix Sennhauser, designierter Verwaltungsratspräsident der Spitalverbunde des Kantons St.Gallen.

«1000 Angestellte sind betroffen»

Maria Huber, Regionalsekretärin der Gewerkschaft VPOD, kritisiert das Vorhaben der Spitalverbunde scharf: «Gesundheit ist ein Markt geworden, man will sich gegenseitig ausbooten. Ein Spital soll nicht gewinnorientiert arbeiten.» Das Argument vom möglichen Defizit von 70 Millionen Franken jährlich lässt sie nicht gelten. «Niemand weiss, wie es in den nächsten Jahren aussieht, das sind alles Annahmen.»

Besonders hart sei das Vorhaben für die Angestellten. Von den Betten-Schliessungen seien 1000 Mitarbeiter betroffen. «Viele können zwar den Arbeitsort wechseln, jedoch ist dies oftmals nicht gewünscht.» Sennhauser relativiert: «Keine Betten heisst ja nicht, dass es kein Angebot mehr gibt. Auch im ambulanten Bereich braucht es Ärzte, Pflegende und weiteres Personal.» Erst die Detailprüfung werde zeigen, wo Umstrukturierungen auf personeller Ebene nötig würden.

Wattwiler Bettenstation wird erst neu eröffnet

Brisant: Das Spital Wattwil weiht just dieses Wochenende die neue Bettenstation ein. «Wenn man die Kosten bedenkt für dieses Projekt, ist die Schliessung für das Personal und die Bevölkerung unverständlich», sagt Huber. «Da werden nun Millionen aus dem Fenster geworfen.»

«Das Spital Wattwil ist eine Ausnahme», sagt Sennhauser. «Es wird mindestens noch zehn Jahre ein stationäres Angebot in Wattwil geben, ab dem Zeitpunkt, in der die Politik grünes Licht gibt für unser Konzept.» Bei den anderen Standorten (Altstätten, Flawil, Rorschach und Walenstadt) würden die Stationen noch eines bis drei Jahre betrieben werden.

Heftiger Widerstand ist vorprogrammiert

Dass die Politik den Vorschlag des Spitalverbundes schon bald absegnet, ist kaum zu erwarten. Heftiger Widerstand ist vorprogrammiert. Einerseits von mehreren politischen Parteien, andererseits natürlich von den betroffenen Regionen.

Der St.Galler Regierungsrat gibt sich vorerst bedeckt. Man wolle erst vertiefte Abklärungen treffen, bevor man sich zu den Plänen der Spitalverbunde äussert. «Die Gesamtregierung nimmt den Vorschlag zur Kenntnis. Wir haben viele Fragen welche jetzt zusammengetragen werden und dann geklärt werden müssen», sagt die zuständige Regierungsrätin Heidi Hanselmann. Sie betont: «Noch sind keine definitiven Entscheide gefallen.»

Soll die St.Galler Gesundheitsversorgung auf einem medizinisch hohen und dennoch finanzierbaren Stand bleiben, muss gehandelt werden. Das schreibt der stellvertretende Chefredakteur des Tagblatts in seinem Kommentar zur angedachten Schliessung der Bettenstationen.
veröffentlicht: 31. Mai 2018 12:58
aktualisiert: 31. Mai 2018 18:09
Quelle: red.

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