St.Galler Projekt-Werkstatt vorerst gerettet

· Online seit 28.02.2018, 06:36 Uhr
Die Projekt-Werkstatt öffnet in wenigen Tagen wieder ihre Tore. Künftig unterstützt sie ausgesteuerte Personen, im ersten Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Noch ist der dauerhafte Fortbestand des Betriebs aber nicht gesichert.
Stephanie Martina
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St.Galler Tagblatt/David Gadze

Die Zukunft der Projekt-Werkstatt im alten Güterbahnhof ist gesichert, zumindest vorerst: Am kommenden Montag wird sie wiedereröffnet – zunächst für die neuen Teilnehmer, am 12. März auch für die Kundschaft. Ihr Fortbestand hing zuletzt am seidenen Faden.

Kurz vor Weihnachten schloss der 1994 gegründete Velobetrieb, nachdem der Regierungsrat dem Projekt für die Reintegration von Arbeitssuchenden ab 2018 die finanzielle Unterstützung versagt hatte. Und es war ungewiss, ob sich die Idee zur Rettung verwirklichen liesse. Sie sah vor, dass die Teilnehmer an den Reintegrationsprogrammen für Arbeitsuchende nicht mehr von den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) des Kantons zugewiesen werden, sondern von den Sozialen Diensten der Gemeinden.

Neubeginn in verkleinerter Form

Für den Neustart wurde die Fläche um rund einen Drittel verkleinert, jener Teil der Halle wird an den Förderraum untervermietet. Von den ehemals acht Angestellten sind drei noch dabei, zudem wurde eine neue Person eingestellt. Es sind nun zwei Arbeitsagogen, ein Mechaniker und eine Person in der Administration. Die Zahl der Arbeitsplätze beziehungsweise der betreuten Personen wurde ebenfalls reduziert. «Wir starten am Montag mit zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern», sagt Vereinspräsident Andreas Frank. Früher waren es bis zu 35. Zwei bis drei weitere könnten in den kommenden Tagen dazustossen. Das Ziel sei, sukzessive mehr Teilnehmer aufzunehmen.

Damit der Betrieb selbsttragend geführt werden kann, ist die Projekt-Werkstatt auf mindestens 15 Personen angewiesen. Die Stadt St.Gallen hatte schon früh Teilnehmer in Aussicht gestellt. Sie weist auch jetzt die meisten zu. Eine Person wird von der Gemeinde Wil zugewiesen, eine weitere von der Gemeinde Romanshorn. Ausserdem sei man in engem Kontakt mit den Gemeinden Gossau und Herisau bezüglich der Vermittlung von Teilnehmern. Entschieden sei aber noch nichts.

Damit die Projekt-Werkstatt den Neuanfang in Angriff nehmen und die Kooperationen mit den Gemeinden eingehen konnte, musste sie ihre Rechtsform ändern. Aus der Einzelfirma von Andreas Frank ist inzwischen ein Verein geworden. Frank ist dessen Präsident, im Vorstand, der noch nicht vollständig besetzt ist, sitzt auch der ehemalige Geschäftsleiter Hansueli Salzmann.

Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern handlet es sich ausschliesslich um ausgesteuerte Personen, die schon lange Zeit keine feste Arbeitsstelle haben. Einen Lohn erhalten sie nicht, die Sozialen Dienste überweisen ihnen weiterhin den Unterstützungsbetrag sowie eine Motivationszulage. Während sechs Monaten – mit Option auf Verlängerung – erhalten sie in der Projekt-Werkstatt eine geregelte Tagesstruktur sowie Beratung und Unterstützung für ihre Jobbewerbungen.

«Das Ziel ist es, sie wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren», sagt Frank. Dies sei gerade bei ausgesteuerten Personen ein schwieriges Unterfangen. «Hier können wir sie aber mit ihren Qualifikationen abholen und fördern und ihnen neue Qualifikationen mit auf den Weg geben.» Die Projekt-Werkstatt biete sogenannte qualifizierte Arbeitsplätze an, also solche, die jenen im ersten Arbeitsmarkt entsprechen. Die Arbeitsangebote, die von Hilfstätigkeiten wie dem Demontieren von nicht mehr reparierbaren Velos bis zu anspruchsvollen EDV-Arbeiten reichen, seien für die Teilnehmer durchlässig.

Vollbestand bis im Sommer notwendig

Ob die Projekt-Werkstatt mit dem neuen Modell dauerhaft bestehen kann, wird sich in den kommenden Monaten weisen. Die vorerst reduzierte Besetzung sei für die Anfangszeit budgetiert, sagt Frank. «Wir müssen die neuen Personen zuerst in die Arbeit einführen. Deshalb ist es besser, wenn es anfangs noch nicht 15 Teilnehmer sind.» Doch bis nach den Sommerferien müsse die Vollbesetzung erreicht sein, sonst werde es finanziell eng. Denn pro Teilnehmer benötigt die Projekt-Werkstatt von den zuweisenden Institutionen rund 1800 Franken monatlich. Lücken sollen allenfalls durch Beiträge von Stiftungen geschlossen werden. Verbindliche Zusagen gebe es jedoch noch nicht, sagt Frank. Weitere finanzielle Hilfe erhofft sich der Verein von Unterstützungsmitgliedern.

Letztlich hängt der Erfolg auch von den Kunden ab, die Velos in die Projekt-Werkstatt zur Reparatur bringen oder dort gebrauchte Velos kaufen. Für die Kunden werde sich praktisch nichts ändern, sagt Andreas Frank. «Wir hatten in der Vergangenheit einen grossen Kundenstamm, und ich bin zuversichtlich, dass uns dieser auch künftig treu bleiben wird.»

Dieser Artikel erschien am 28. Februar 2018 im «St.Galler Tagblatt».

veröffentlicht: 28. Februar 2018 06:36
aktualisiert: 28. Februar 2018 06:36

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