Rorschach

«Mohrenköpfe» verkauft: Gericht spricht St.Galler frei – «Ich würde es wieder tun»

03.03.2021, 16:59 Uhr
· Online seit 03.03.2021, 16:45 Uhr
Er akzeptierte seinen Strafbefehl nicht: Der Mann, der vergangenen Sommer in Rorschach schwarz bemalt «Mohrenköpfe» verkaufte, wurde am Mittwoch vom Kreisgericht Rorschach freigesprochen. Er bestritt eine politische Botschaft.
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«Wegen ein bisschen Farbe im Gesicht muss man nicht so ein Drama machen», sagte der Imbissunternehmer nach seiner umstrittenen Aktion am 18. Juni 2020 in Rorschach. Er hatte sein Gesicht schwarz bemalt, eine Lockenperücke aufgesetzt und einen goldenen Umhang übergezogen, um auf einem Firmengelände Schokoküsse der Firma Dubler zu verkaufen. Auf Social Media entbrannte eine hitzige Diskussion.

350 Schokoküsse verkauft

«Original Mohrenköpfe», war auf dem Verkaufsstand zu lesen. Das zog die eine oder andere Person an, in zwei Stunden verkaufte der St.Galler rund 350 Schokoküsse. «Ohne rassistischen Hintergedanken», wie er selbst sagte. Kurz davor hatten die Migros und andere Detailhändler im Zuge der Black-Lives-Matter-Debatte die «Mohrenköpfe» von Dubler aus ihren Regalen verbannt – weil das Produkt «unter den aktuellen Entwicklungen» als provozierend wahrgenommen werden könne.

Diskriminierung in Kauf genommen

Im September 2020 wurde der Imbissverkäufer per Strafbefehl wegen Rassendiskriminierung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 30 Franken verurteilt, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren. Der Beschuldigte habe mit seiner Verkleidung und durch den Verkauf der Schokoküsse damit rechnen müssen, «dunkelhäutige Menschen zu diskriminieren und zu beleidigen», heisst es in dem Strafbefehl, der FM1Today vorliegt. Dem Angeklagten sei es darum gegangen, die Verbindung von «Mohr» und «Mohrenkopf» herzustellen, Aufmerksamkeit zu generieren und die Süssigkeit von Dubler zu bewerben, so die Staatsanwaltschaft.

Richter: «War als Kind selber Rassist»

Der St.Galler akzeptierte den Strafbefehl nicht, weswegen es am Mittwoch zum Prozess kam. Die Staatsanwaltschaft hielt an ihren Forderungen fest, während der Verteidiger des 58-Jährigen einen Freispruch forderte. Er bekam recht; sein Mandant wurde vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Früher seien Begriffe wie «Neger» normal gewesen, meinte der Richter. Auch seine eigene Katze habe «Negerlein» geheissen und er sei als Kind wohl ein Rassist gewesen, ohne es zu wissen. «Später hat sich vieles geändert.»

Der rassistische Hintergrund der Aktion sei nicht offensichtlich und für unbedarfte Dritte nicht unbedingt nachvollziehbar, so der Richter weiter. Auch er denke bei «Mohrenköpfen» an eine Süssigkeit. Allerdings müsse mit der Begrifflichkeit vorsichtig umgegangen werden.

Der Beschuldigte habe niemanden als Menschen zweiter Klasse bezeichnet. «Es braucht sehr viel, dass jemand wegen Rassismus verurteilt werden kann.» Es handle sich ausser Frage um eine empörende Aktion, doch der Verstoss sei zu gering für eine Verurteilung.

«Reiner Werbegag»

«Ich würde es wieder machen», sagte der Angeklagte, ohne Reue zu zeigen. «Es war ein reiner Werbegag ohne rassistischen Hintergrund.» Mit seiner Verkleidung habe er einen Mohrenkopf der Marke Dubler darstellen wollen – und «keinen schwarzen Menschen».

Quelle: FM1Today / TVO

«Ich bin Wurstverkäufer und suchte für meinen Stand eine gute Alternative. Der Mohrenkopf ist leicht und verkauft sich gut.» Es sei unfair, wie man gegen ihn vorgegangen sei. Er habe niemandem wehgetan, beteuerte der Imbissverkäufer, der auch erotische Romane verfasst. Zudem sei er nicht für das Seelenwohl der Menschen verantwortlich.

Der 58-Jährige muss die Verfahrenskosten zu einem Zehntel selbst bezahlen. Das sind rund 1000 Franken. Eine Genugtuung wird abgelehnt.

(lag/kov)

veröffentlicht: 3. März 2021 16:45
aktualisiert: 3. März 2021 16:59
Quelle: FM1Today

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