Quelle: TVO
Der Staatsanwalt habe eine «monströse» Situation der Tierquälerei konstruiert, obwohl die damaligen Amtstierärzte zur Zeit der Hofräumung Anfang August 2017 «kein akutes Tierleid» festgestellt hätten, sagte der Verteidiger. Der genaue Zustand der Tiere sei damals nicht dokumentiert worden.
Erst im Nachhinein seien zahlreiche Missstände aufgelistet worden, die allerdings falsche und ungenaue Angaben enthielten. Viele aufgeführte Symptome - etwa deformierte Klauen bei Schafen und dergleichen - seien nicht detailliert dokumentiert und liessen sich nicht rechtsgültig belegen.
Die Anklage stütze sich weit gehend auf diesen Bericht, sagt der Verteidiger. Sie enthalte damit ebenfalls Fehler und Ungenauigkeiten. Im Übrigen gehe es in verschiedenen Punkten bloss um kleinere Verstösse gegen die Tierhalteverordnung, aber nicht um Tierquälerei.
Immer wieder bezog sich der Anwalt auf Beurteilungen, die der veterinärmedizinische Gutachter aufgrund von Bildern abgegeben habe. Er habe zahlreiche von der Anklage aufgeführte Anzeichen schlechter Haltung als Ergebnis eines «vermenschlichenden Blicks» auf das Tier relativiert. Sein Mandant sei nach dem Prinzip «im Zweifel für den Angeklagten» freizusprechen, fordert der Verteidiger.
«Fotos nicht auf Echtheit geprüft»
Der Verteidiger kritisierte die Vorgänge, die 2017 zur Zwangsräumung des Hofs des heute 54-jährigen Schweizers geführt hätten. Den Auftakt gemacht hätten in den Medien kursierende Fotos, welche Tierschützer von den angeblich alarmierenden Zuständen auf dem Hof gemacht hätten. Diese Bilder seien allerdings nie daraufhin geprüft worden, ob sie nicht manipuliert oder inszeniert worden seien.
Gemäss den Schilderungen des Anwalts waren die Zustände auf dem Hof bei weitem nicht wie auf den Bildern. Die Behörden hätten mit der Anordnung der Räumung dem Druck der Medien und der dadurch «hoch emotionalisierten Öffentlichkeit» nachgegeben.
Es dränge sich der Eindruck auf, der Beschuldigte müsse eine Rolle als «Bauernopfer» spielen. Der Prozess gegen ihn werde als erster und «im grellen Medienlicht» durchgeführt.
Gegen die damaligen Amtstierärzte ist ein separates Verfahren hängig. Wenn später dieser Prozess stattfinde, dürfte das öffentliche Interesse erloschen sein, so der Verteidiger. Ein Antrag auf Vereinigung der Verfahren war, bestätigt vom Bundesgericht, abgelehnt worden.
Anklage fordert 6 Jahre 4 Monate
Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer vom vergangenen Freitag ausgeführt, der Beschuldigte habe seine Tiere auf viel zu kleinen Flächen gehalten, sie vernachlässigt, schlecht ernährt, ihnen ärztliche Hilfe vorenthalten und sie teils misshandelt.
Der Ankläger forderte 6 Jahre und 4 Monate, eine Geldstrafe und eine Busse wegen Tierquälerei, Gefährdung des Lebens und zahlreicher weiterer Delikte. Zudem verlangte er ein Tierhalte- und -betreuungsverbot.
Von den Anklagepunkten wiegt Gefährdung des Lebens am schwersten. Dieser Tatbestand bezieht sich laut Anklage auf ein gefährliches Manöver des Beschuldigten mit seinem Auto gegen vier auf dem Trottoir gehende Personen am Vortag der Hofräumung.
Auch in diesem Fall sei der Beschuldigte freizusprechen, sagte der Verteidiger. Ein Video zeige, dass nie unmittelbare Lebensgefahr bestanden habe. Auch sei nicht erstellt, dass sein Mandant überhaupt am Steuer gesessen habe.
Urteilseröffnung am 21. März
Mit den Plädoyers ist die Hauptverhandlung im «Fall Hefenhofen» abgeschlossen. An allen vier Verhandlungstagen hatte der Beschuldigte geschwiegen. Die Urteile gegen den Landwirt sowie die vier Mitbeschuldigten werden am 21. März eröffnet.
Beschuldigt sind auch zwei Metzger. Sie sollen mit dem Bauer einen illegalen Ferkelhandel betrieben haben. Die ex-Freundin des Beschuldigten soll mehrere Pferde der behördlich angeordneten Beschlagnahmung entzogen oder dies versucht haben. Und eine ehemalige Praktikantin soll die Beschlagnahmung eines Hundes verunmöglicht haben.
(sda/mma)